Neuropediatrics 2006; 210 - P112
DOI: 10.1055/s-2006-946468

Pränatale Diagnose einer Sirenomelie in der 13+4 SSW

E Eilers 1, R Becker 2
  • 1Charité, Berlin, D
  • 2Zentrum für Pränatalmedizin, Berlin, D

Mit einer Frequenz von etwa 1:60000 Lebendgeburten zählt die Sirenomelie zu den sehr seltenen Fehlbildungen. Männliche Feten sind häufiger betroffen als weibliche (m 2,7:1 w). Es handelt sich einen schweren Fehlbildungskomplex, der meist auf die untere Körperhälfte beschränkt ist und vertebrale, anorektale und urogenitale Fehlbildungen beinhaltet. Charakteristisch ist eine Fusionierung der unteren Extremitäten. Der Komplex ist meist letal, nur in seltenen Fällen ist ein Überleben mit einer chirurgischen Korrektur der fusionierten unteren Extremitäten beschrieben worden.

Eine 30 jährige Erstgravida Nullipara stellte sich mit 13 + 4 SSW zur frühen Fehlbildungsdiagnostik bei grenzwertigem Altersrisiko und Z.n. Kinderwunschbehandlung (IVF-ICSI) vor. Die Familienanamnese war unauffällig. Wegen relativ geringer Fruchtwassermenge wurde die Untersuchung transabdominal und transvaginal durchgeführt. Zunächst zeigte sich ein bei gesichertem Schwangerschaftsalter hypotropher Fet mit einer Scheitel-Steiß-Länge von 62mm und einer Nackentransparenz von 1,7mm. Auch die Extremitätenmaße lagen im Bereich der fünften Perzentile. Bei genauer waren mehrere Auffälligkeiten darstellbar: es fanden sich eine Nabelarterienaplasie rechts, eine Fehlstellung der rechten Hand mit V.a. Radiusaplasie; die unteren Extremitäten waren fusioniert; sowohl im Bereich der Knie- als auch der Fußgelenke fanden sich Fehlstellungen. Eine Geschlechtszuordnung war nicht möglich. Eine Darstellung von fetalen Nieren und fetaler Harnblase war nicht möglich.

Die Befunde wurden durch eine Zweituntersuchung abgesichert und der Schwangeren geschildert. In Kenntnis der Schwere des letalen Krankheitsbildes entschied sich die Patientin gegen das Austragen der Schwangerschaft. Die Abruptio wurde in der 14. SSW durchgeführt.

Als Pathogenese wird einerseits die singuläre Nabelarterie diskutiert, die aus der Aorta knapp oberhalb der Bifurkation entspringt und durch einen plazentaren Shunt der unteren Extremität einen Großteil des Blutes entzieht, andererseits wird eine primäre Mesoderm schädigung diskutiert, der ein Defekt in der Lumbosakralregion des Primitivstreifens zugrunde liegt.