Neuropediatrics 2006; 210 - P102
DOI: 10.1055/s-2006-946458

Bednarsche Aphthen – Häufigkeit und beeinflussende Faktoren

S Nebgen 1, H Christ 2, A Kribs 1, J Koebke 3, B Roth 1
  • 1Kinderklinik der Universität zu Köln
  • 2IMSIE der Universität zu Köln
  • 3Anatomisches Institut der Universität zu Köln, Köln, D

Seit Alois Bednar 1850 erstmals Aphthen des harten Gaumens im Gaumenwinkel am Übergang zum Gaumenflügel beschrieb, wurden diese in der pädiatrischen Literatur bis Mitte des 20. Jahrhunderts detailliert abgehandelt. In der jüngeren Literatur findet sich allenfalls eine kurze Erwähnung und der Hinweis, die Ulzera kämen heute nur noch ausnahmsweise vor. Die Ursache für Bednarsche Aphthen (BA) ist unbekannt. Fragestellung: Wie häufig sind die Ulzera in einer Stichprobe gesunder Neugeborener (NG) und welche Faktoren beeinflussen ihr Auftreten? Methodik: Über zwölf Monate wurden an zwei Kölner geburtshilflichen Kliniken prospektiv NG (1654 von insgesamt 2153) im Rahmen der U2 auf Aphthen oder Schleimhautrötung an der o.g. Lokalisation untersucht. Dokumentiert wurden Geschlecht, Gestationsalter, Geburtsmodus, Ernährung (gestillt, teilweise gestillt, Formula), Lebensalter zum Untersuchungszeitpunkt und Geburtsgewicht. Es wurde eine explorative Datenanalyse mittels T-Test, Chi-Quadrat-Test und exaktem Test nach Fisher vorgenommen. Ergebnisse: Von den 1495 beurteilbaren NG (bei 4 Kindern fehlten die Daten, bei 155 war keine Gaumeneinsicht möglich) hatten 236 BA (15,8%). Es besteht kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und dem Auftreten der Aphthen. Die NG mit Ulzera waren mit 4,53 Tagen etwas jünger als die Kinder ohne BA (4,67 Tage; p=0,003). Auch ein höheres Gestationsalter begünstigte das Auftreten der Aphthen: Die durchschnittliche Schwangerschaftsdauer bei Kindern ohne BA war 40 SSW, bei Kindern mit BA 40,3 SSW (p=0,001). Das Geburtsgewicht war niedriger bei den Kindern ohne Ulzera (3421g) gegenüber solchen mit Ulzera (3491g; p=0,030). Ebenso wirkte sich der Geburtsmodus statistisch auffällig auf die Entstehung von BA aus (p=0,028): Bei den Spontangeborenen (n=1038) hatten 17,7% Ulzera; bei den per Sektio geborenen Kindern (n=529) waren es 12,4% und bei den vaginal operativ entbundenen (n=87) 13,1%. Die vorgenannten Faktoren sind zwar statistisch auffällig, klinisch allerdings eher ohne Bedeutung. Sehr auffällig sind das Vorliegen einer Schleimhautrötung (p<0,0001) und die Art der Ernährung (p<0,0001). Bei NG ohne Rötung traten in nur 1,4% der Fälle BA auf, bei Kindern mit Rötung dagegen in 21,7%. Gestillte Kinder bekamen zu 15,4% Ulzera; bei Formula-ernährten NG waren sie mit 25,8% deutlich häufiger. Schlussfolgerung: Es gibt begünstigende Faktoren für das Entstehen Bednarscher Aphthen: Rötung im Gaumenwinkel, Formula-Nahrung, Spontanpartus, Gestationsalter von mind. 40 SSW, ein höheres Geburtsgewicht. Als Hypothese diskutieren wir eine immunologische Ursache für das offenbar physiologische Auftreten von BA.

Literatur: Alois Bednar: Die Krankheiten der Neugeborenen und Säuglinge vom clinischen und pathologisch-anatomischen Standpunkte, Wien 1850. August Ritter von Reuss: Die Krankheiten des Neugeborenen, Berlin 1914. Lentze, Schaub, Schulte, Spranger: Pädiatrie, Berlin 2003.