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DOI: 10.1055/s-2006-946429
Ist der zurückhaltende Einsatz von Palivizumab bei ehemaligen Frühgeborenen gerechtfertigt? Stationäre Behandlung von ehemaligen Frühgeborenen <1500g wegen einer RSV-Infektion bei restriktiver Immunisierungsempfehlung im ersten Lebensjahr
Fragestellung: In Deutschland gibt es entgegen anderer internationaler Empfehlungen keine einheitliche, von allen beteiligten Fachgesellschaften konsentierte Leitlinie zur Prophylaxe schwerer Verläufe einer Respiratory Syncytial Virus (RSV) Infektion mit dem humanisierten monoklonalen Antikörper Palivizumab. Internationale und verschiedene nationale Richtlinien sehen für ehemaligen Frühgeborenen <=28 Schwangerschaftswochen bis zu einem Alter von 12 Monaten über die erste RSV-Saison sowie für alle Frühgeborenen mit einer in den vorausgegangenen 6 Monaten behandelten bronchopulmonalen Dysplasie bis zu einem Alter von 24 Monaten eine entsprechende Prophylaxe vor.
Von diesen Empfehlungen abweichend, wird in unserer neonatologischen Abteilung in deutlich zurückhaltenderer Weise der Einsatz der Palivizumab-Prophylaxe empfohlen und durchgeführt: nur bei Kindern mit manifesten pulmonalen Problemen (Lungenerkrankung, Herzfehler, Fehlbildungen, neuromuskuläre Erkrankungen) unabhängig von deren Reife. Nach eigenen Krankenhausunterlagen scheint dennoch die Rehospitalisierungsrate unserer Kinder aufgrund einer RSV-Erkrankung im ersten Lebensjahr eher niedrig zu sein. Um dieses für das gesamte Gesundheitssystem finanziell sicher attraktive Vorgehen mit sicheren Daten zu belegen, erfolgte dieses Follow-up.
Methodik: In einer retrospektiven Analyse wurde den Kinderärzten, die die von uns postnatal versorgten VLBWI der Geburtsjahrgänge 2001–2004 (n=463) weiterbetreuen, ein Fragebogen zugesandt, ob eine Palivizumab-Prophylaxe durchgeführt wurde und/oder ob eine stationär behandelte RSV-Infektionen im ersten Lebensjahr aufgetreten ist.
Ergebnisse: Von den 463 betreuten ehemaligen VLBWI. verstarben 42 Kinder im Verlauf des primären Krankenhausaufenthaltes. Von den Überlebenden hatten 5 Kinder noch im Verlauf des primären Aufenthaltes eine nosokomiale RSV-Infektion, von den entlassenen Kindern wurden 3 Patienten wegen einer RSV-Infektion rehospitalisiert. Die Anzahl der außerhalb unserer Empfehlungen von weiterbetreuenden Kinderärzten mit Palivizumab-geimpften Kinder sowie die Anzahl der in anderen Kinderkliniken rehospitalisierten Kindern steht bei aktueller Auswertung der Daten noch aus.
Schlussfolgerung: Die von uns sehr zurückhaltend und strikt indikationgesteuert durchgeführte Palivizumab-Applikation in Kombination mit einer ausführlichen Elternaufklärung zur primären Expositionsvermeidung erscheint zur Prophylaxe schwerer RSV-Infektionen nach bisheriger Datenlage sicher und stellt ein finanziell attraktive Alternative zu bestehenden Empfehlungen dar.