Neuropediatrics 2006; 210 - P63
DOI: 10.1055/s-2006-946419

Extubieren – aber Richtig! Negative Pressure Pulmonary Oedema bei zwei Patienten

OJ Götz 1, J Franke 1, H Müller 1
  • 1Klinikum Kempten-Oberallgäu, Kempten, D

Einleitung: Das Negative Pressure Pulmonary Oedema (NPPE) ist eine – häufiger von Anästhesisten als von Pädiatern gesehene – Komplikation der Extubation von Patienten nach meist unkomplizierter Operation und Narkose. Dabei kommt es in der Phase der Exzitation vor und nach Extubation zu verstärkten Inspirationen mit hohen negativen intrapleuralen Drucken. Diese gelten wiederum als ursächlich für einen gesteigerten pulmonalen mikrovaskulären Druck mit daraus resultierendem interstitiellem Lungenödem. Wird die Ursache der Tachydyspnoe richtig erkannt, ist durch eine symptomatische Therapie mit Inhalationen und ggf. Beatmung in der Regel eine rasche Besserung und Heilung zu erreichen.

Kasuistik: Wir stellen zwei Patienten im Alter von 8 und 14 Jahren mit schwerer pulmonaler Obstruktion und Lungenödem nach unkomplizierten Operationen vor. Ohne pulmonale Vorerkrankungen war in beiden Fällen nach Ausleiten der Narkose und Extubation eine schwere Tachydyspnoe mit der Notwendigkeit der Re-Intubation aufgetreten. Ein Patient wurde über Stunden nachbeatmet. Beide Patienten wiesen klinisch ein ausgeprägtes Lungenödem und eine deutliche pulmonale Obstruktion auf. Die Therapie beschränkte sich – neben der Beatmung – auf die Gabe systemischer Glucokortikoide und Inhalationen mit Salbutamol und Ipratropiumbromid. Aufgrund der klinischen und radiologischen Befunde und des positiven Verlaufes gehen wir von einem „negative pressure pulmonary oedema“ als Ursache der Ateminsuffizienz aus. Unsere vorher gesunden Patienten zeigten beide nach Extubation die typischen Zeichen einer ausgeprägten pulmonalen Obstruktion und eines Lungenödems, beide – einer etwas verzögert – sprachen gut auf die supportive Therapie an. Beide Kinder konnten nach 48stündiger Beobachtung beschwerdefrei entlassen werden.

Diskussion: Das NPPE wurde bei Kindern erstmals 1973 beschrieben. Eine genaue Inzidenz ist nicht bekannt, es wird vermutet, das viele leichtere Fälle nicht als solche erkannt werden. Mögliche Ursachen und der pathophysiologische Ablauf sind gut beschrieben. Die Diagnose ist zu stellen anhand der typischen Klinik mit Tachydyspnoe mit pulmonaler Obstruktion, verminderter Sauerstoffsättigung und radiologischen Zeichen des Lungenödems. Das Spektrum therapeutischer Maßnahmen erstreckt sich von der Beatmung mit Peep-Unterstützung bis zu intensivierten antiobstruktiven Inhalationen. Umstritten ist der Einsatz von Kortikoiden. Abgelehnt und als nicht hilfreich bewertet wird der Einsatz von Diuretika oder Flüssigkeitsrestriktion. Eine Restitutio wird innerhalb weniger Stunden gesehen, das Wiederholungsrisiko wird postuliert und sollte vermerkt werden.

Schlussfolgerung: Diese weitere Komplikation einer Narkose wird naturgemäß häufiger in den Aufwachräumen der operativen Einheiten gesehen, dennoch sollten auch die betreuenden Ärzte der pädiatrischen Intensiveinheiten dieses Krankheitsbild kennen und durch ein möglichst schonendes Extubationsmanagement vermeiden.