Hintergrund: Bei Frühgeborenen (FG) hält die Aktivität der Fetalzone der Nebennierenrinde auch
postnatal bis zum eigentlichen Geburtstermin an. Das Hauptprodukt der Fetalzone Dehydroepiandrosteronsulfat
hemmt in vitro die Surfactantsynthese in fetalem Lungengewebe. Die Inzidenz pulmonaler
Erkrankungen ist bei männlichen FG höher als bei weiblichen.
Fragestellung: Besteht bei FG ein Zusammenhang zwischen den Ausscheidungsraten der Fetalzonensteroide
(FS) im Urin (3-beta-OH-5-en-Steroide) und dem Schweregrad pulmonaler Erkrankungen
unter Berücksichtigung des Geschlechts? Zusätzlich soll der Einfluss der Schwere der
Erkrankung und einer konnatalen Infektion untersucht werden.
Methoden: 30 weibliche (Median (Range) 28.0 (26.6–28.7) SSW) und 31 männliche FG (27.0 (25.9–28.6)
SSW) wurden in die prospektive Studie aufgenommen. FS wurden mittels Gaschromatographie-Massenspektometrie
aus 24h-Sammelurinproben bestimmt. Die totalen Exkretionsraten wurden als Summe der
Exkretionsraten von 15 Metaboliten der Fetalzone ermittelt. Die Urinproben wurden
aus reinen Zellulosewindeln durch hydraulische Extraktion nicht invasiv gewonnen.
Die Schwere der Erkrankung wurde mittels Score for Neonatal Acute Physiology (SNAP)
gemessen.
Ergebnisse: Die Inzidenz eines surfactantpflichtigen Atemnotsyndroms (ANS), betrug bei den weiblichen
FG 47%, bei den männlichen 71%, p=0.07. Die Inzidenz einer BPD lag bei den weiblichen
FG bei 27%, bei den männlichen bei 48%, p=0.11. Die Mediane der Exkretionsraten der
FS (mg/kg/d) waren bei den weiblichen (männlichen) FG an Tag1: 1.3 (0.9); an Tag2:
3.2 (7.7), p=0.03; an Tag3: 5.5 (9.5), p=0.08; Tag5: 7.1 (10.4); Woche2: 8.7 (9.7);
Woche3: 8.6 (10.1); Woche4: 7.6 (7.8). Die maximalen FS-Ausscheidungsraten oder das
Geschlecht zeigten keinen signifikanten Einfluss auf die Inzidenz eines surfactantpflichtigen
ANS in der Regressionsanalyse. Lediglich die maximalen Glucocorticoidausscheidungsraten
zeigten einen leichten, jedoch signifikanten Einfluss (OR=1.02, p=0.036). Es bestand
kein signifikanter Zusammenhang zwischen den Ausscheidungsraten der FS und einer konnatalen
Infektion oder der Schwere der Erkrankung (SNAP).
Schlussfolgerung: Die Exkretionsraten der FS lagen um das 4fache höher als bisher berichtet. Dies spricht
für eine postnatal anhaltend hohe Aktivität der Fetalzone der Nebennierenrinde bei
FG. Die Exkretionsraten der FS lagen am 2. Lebenstag bei männlichen FG signifikant
und tendenziell an Tag 3 um den Faktor 1,8–2,2höher als bei weiblichen, hatten jedoch
keinen signifikanten Einfluss auf die Inzidenz eines ANS. Gefördert durch die DFG
(HE3557/1–1) an M.H. und S.A.W.