Neuropediatrics 2006; 210 - P36
DOI: 10.1055/s-2006-946392

Pränataler Mediainfarkt bei angeborener Thrombophilie

T Schmitz 1, M Bartsch 1, HC Koch 1, S Hammersen 1, M Obladen 1
  • 1Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, D

Hintergrund: Verschlüsse der Hirnarterien sind in der Neonatalperiode ein seltenes, gravierendes Ereignis. Die Ätiologie bleibt oft ungeklärt. Wir berichten über ein reifes Neugeborenes mit pränatalem linksseitigem Mediainfarkt verursacht durch einen intracavernösen Verschluss der Arteria carotis interna bei stark erhöhtem Risiko für Thrombophilie.

Fallbericht: Mutter 33-jährige G1 P1, Dauermedikation mit Citalopram bei Fibromyalgie. Zwei Wochen vor Entbindung deutlich weniger Kindsbewegungen, kein Trauma bekannt. Entbindung nach 36+5 Gestationswochen per sekundärer Sectio bei silentem CTG, Kurzzeitvariation des fetalen Pulses dabei im Normbereich. Nabelarterien pH 7,29, Apgar 1/6/9, Geburtsgewicht 2860g (50. Perz.), Länge 49cm (90. Perz.), Kopfumfang 34cm (90. Perz.). Postnatal auftretende Zittrigkeit und Unruhe des weiblichen Neugeborenen wurden zunächst als Entzug nach Citalopram-Exposition gedeutet. Bei Nachweis von B-Streptokokken im Abstrich der Plazenta antibiotische Behandlung des Neugeborenen, jedoch klinisch und in den Laborwerten keine Sepsis. Wegen Hyperechogenität im Versorgungsgebiet der linken Arteria cerebri media in der cerebralen Ultraschalldiagnostik wurde am achten Lebenstag ein MRT des Schädels mit MR-Angiographie durchgeführt, das einen Verschluss der Arteria carotis interna intracavernös ergab. Die Reperfusion der Arteria cerebri media erfolgte über den Circulus Willisi. Teilweise bestanden sekundäre Einblutungen in die Stammganglien. Wie bei einem pränatalen Ereignis zu erwarten, bestand eine beginnende Atrophie. Das Neugeborene war zu dieser Zeit bis auf etwas Schläfrigkeit und Trinkschwäche neurologisch unauffällig, das Trinkverhalten besserte sich im Verlauf. Es lagen keine Herzrhythmusstörungen, Herzfehler, Stoffwechselerkrankungen, Infektionen oder Traumata vor. Der Gerinnungsstatus, Protein C und S, AT-III, Cardiolipin-AK, Lipoprotein-AK und Homocystein waren normwertig. Allerdings bestand eine homozygote Mutation des Tissue-type Plasminogen Aktivator (t-PA) Gens, sowie heterozygote Mutationen für Faktor-V-Leiden, Plasminogen Aktivator Inhibitor (PAI)-1, MTHFR Gen.

Fazit: Arterielle Gefäßverschlüsse sind heutzutage durch MRT, MR-Angio und aufwändiger Gerinnungsdiagnostik abzuklären. Bei dem geschilderten Fall hat am ehesten die angeborene Thrombophilie zum pränatalen sekundären Mediainfarkt geführt. Auf eine antithrombotische Behandlung wurde verzichtet, Therapierichtlinien liegen nicht vor.