Neuropediatrics 2006; 210 - P34
DOI: 10.1055/s-2006-946390

Erythropoietin reduziert den exzitotoxischen Hirnschaden durch neuroprotektive und neuroregenerative Mechanismen

E Griesmaier 1, G Simbruner 1, M Timischl 1, J Yang 1, G Sarkozy 1, M Urbanek 1, M Keller 1
  • 1Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, A

Hintergrund: Die Schädigung der weißen Hirnsubstanz, periventrikuläre Leukomalazie (PVL), ist eine der häufigsten Ursachen für Entwicklungsstörungen und Behinderungen bei Frühgeborenen. Diese stellen für das Kind und seine Angehörigen eine außerordentliche Belastung dar und sind von großer gesundheits-ökonomischer Bedeutung. Eine effektive Therapie steht nicht zur Verfügung. In vorausgegangenen Studien haben wir gezeigt, dass exogen verabreichtes Erythropoietin (EPO) den exzitotoxisch bedingten Hirnschaden in neugeborenen Mäusen reduziert. Unklar ist durch welche Mechanismen der Schutz des Gehirns erfolgt.

Fragen: Führt EPO durch neuroprotektive Effekte wie gehemmte Apoptose oder verhinderte Nekrose und/oder neuroregenerative Effekte in Form von stimulierter Zellproliferation zu einer Verminderung der Läsionsgröße (LG) des exzitotoxischen Hirnschadens? Welche Nebenwirkungen verursacht hochdosiertes EPO (5000IU/kg) auf das hämatologische System?

Methodik: Die Untersuchungen wurden an 5 Tage alten Mäusen durchgeführt. Mittels intrakranieller (i.c.) Injektion von Ibotensäure (Ibo) wurde ein exzitotoxischer Hirnschaden, resultierend in Läsionen der weißen und grauen Hirnsubstanz, induziert. Die Tiere wurden nach der Läsionsetzung nach dem Zufall drei Gruppen zugeteilt 1) Ibo i.c. + Vehikel intraperitoneal (i.p.) 2) Ibo i.c. + EPO i.p. verabreicht eine Stunde nach dem Insult 3) Ibo i.c. + EPO i.p. für 5 Tage jeweils eine Stunde und bei repetitiver Gabe 1, 24, 48, 72, 96h nach Ibotensäureinjektion. In Gruppe 3 wurde den Tieren Bromdesoxyuridine (BrdU) injiziert (25mg/kg i.p. alle 12h). Nach 4, 8, 12, 24 und 120h wurden die Tiere getötet, Blutproben und Gehirne entnommen. In allen Gruppen wurde die Läsionsgröße, die Zahl der apoptotischen (24+120h) und proliferierenden Zellen (120h), sowie das Blutbild, inklusive Retikulozyten (24+120h) bestimmt.

Ergebnisse: Die LG unterscheidet sich nach 4 und 8h nicht statistisch signifikant. Nach 12h zeigt sich ein Anstieg der LG in der Kontrollgruppe, diese bleibt aber in der EPO behandelten Gruppe gleich groß. EPO führt folglich nach 12h zu einer signifikanten Reduktion der LG in der grauen Substanz (n=5, p<0.05). Nach 24 und 120h war die Anzahl der apoptotischen Zellen in beiden Gruppen nicht unterschiedlich. Die 5 tägige Verabreichung von EPO führt zu einer signifikanten Erhöhung der BrdU positiven Zellen in der grauen Substanz. Die systemische Gabe von EPO induziert nach der ersten Gabe einen Abfall der Retikulozyten, aber keine Leukozytopenie. Repetitive Gaben führen zu einem Anstieg der Retikulozyten und zu einer Thrombozytose.

Schlussfolgerung: Bei der exzitotoxisch bedingten Hirnschädigung wirkt EPO durch Hemmung der Nekrose anfänglich neuroprotektiv. Die repetitive Gabe führt zu einer Steigerung der Proliferation in der grauen Substanz. EPO wirkt daher sowohl neuroprotektiv als auch neuroregenerativ. Die Einzelgabe von EPO führt zu einem transienten aber reversiblen Abfall der Retikulozyten.