Neuropediatrics 2006; 210 - P22
DOI: 10.1055/s-2006-946378

Connatale Myokarditis als ungewöhnliche Manifestation einer fetalen Parvovirus-B19-Infektion

O Neumann 1, H Ostertag 2, R Kandolf 3, E Kattner 1
  • 1Abt. Neonat., Kinderkrankenhaus auf der Bult, Hannover
  • 2Pathologisches Institut, Klinikum Hannover, Hannover
  • 3Abteilung für Molekulare Pathologie, Uni.-Klinikum, Tübingen, D

Einleitung: Parvovirus-B-19-Infektion einer seronegativen Schwangeren im frühen Gestationsalter führen in einem Drittel zum Abort. Spätere Infektionen können zur fetalen Infektion führen. Typischerweise verursacht die Replikation des DNA-Virus eine Hemmung der Erythropoese. Die Replikation kann aber auch außerhalb der Erythroblasten stattfinden. Wir berichten über eine pränatale Infektion, die eine isolierte Myokarditis verursachte.

Fallbericht: Reifes eutrophes Neugeborenes einer gesunden 21-jährigen Zweitpara. Unauffälliger Schwangerschaftsverlauf. Klinisch, auch nachanamnestisch, keine Hinweise für eine PVB19-Infektion. Immunstatus nicht bekannt. Spontanpartus und unauffällige Adaptation. APGAR 9/10/10, NapH 7,32. Geburtsgewicht mit 3300g auf der 25. Perzentile. Unauffällige U2.

Am Tage nach der Entlassung aus der Geburtsklinik Auffinden des Kindes mit Schnappatmung durch die Eltern. In der Klinik umgehende Einleitung einer kardiopulmonalen Reanimation. Erfolgreiche Etablierung eines instabilen Kreislaufes. Laborchemisch ausgeglichene Elektrolyte. Hämoglobin 10,4g/dl, Erythrozyten 2,9/pl, Retikulozyten 110 ‰. GOT mit 452 U/l erhöht. Sonomorphologisch und echokardiographisch keinerlei anatomische Auffälligkeiten. Allerdings schlechte Kontraktilität des linken Ventrikels, unter laufender Katecholamintherapie, incl. wiederholter Suprareningaben. Auffallend breite Kammerkomplexe im Monitor-EKG. Unter Maximaltherapie nicht auszugleichende schwere metabolische Azidose und therapierefraktäre Kreislaufinsuffizienz. Exitus letalis sieben Stunden nach Reanimationsbeginn.

Die Obduktion zeigte einen Normalbefund des Ganzkörperstatus, insbesondere auch des Herzens. Histopathologisch biventrikuläre Myokarditis vom Virustyp (überwiegend lymphozytäre Infiltrate) mit Destruktion der Kardiomyozyten. Mittels PCR molekulargenetischer Nachweis von PVB19 Genotyp 1 in mehreren Schnitten beider Ventrikel. Keine weitere Manifestation der Viruserkrankung in anderen Organsystemen.

Diskussion: Der Patient erlag mutmaßlich einer malignen Herzrhythmusstörung infolge einer connatalen Myokarditis. Die postmortale Diagnosesicherung einer fetalen PVB19-Infektion als Ursache der Myokarditis stellt eine Rarität dar. Die connatale Anämie mit Retikulozytose kann ebenfalls als Manifestation dieser Infektion gesehen werden. Die erhöhten Transaminasen sind bei histologisch unauffälliger Leber eher im Rahmen der präfinalen Hypoxämie zu interpretieren.

Die sorgfältigen postmortalen Untersuchungen ermöglichten die ursächliche Klärung dieses unklaren „plötzlichen Kindstodes“.