Neuropediatrics 2006; 210 - P19
DOI: 10.1055/s-2006-946375

Extreme Frühgeburtlichkeit und Parvovirus B19-Infektion in der Schwangerschaft

C Waskow 1, D Klauwer 1, C Geidel 1, H Lehmann 1, M Heckmann 1
  • 1Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Gießen, D

Hintergrund: Die Inzidenz einer primären Parvovirus B19-Infektion in der Schwangerschaft beträgt 1–5%. In 24–33% kommt es zu einer transplazentaren Transmission mit in bis zu 24% Entwicklung eines Hydrops fetalis. Die Überlebensraten eines PV B19 assoziierten Hydrops fetalis haben sich seit Einführung der intrauterinen Transfusion erheblich verbessert (82% vs. 55% bei konservativem Vorgehen). In der Literatur findet sich nach unserer Kenntnis ein Bericht über die Entwicklung eines extrem unreifen Frühgeborenen (28 SSW) nach Hydrops fetalis bei konnataler PV B19-Infektion (Acta Paediatr 1998;87:1088–89). Fall 1: Wir berichten über ein männliches Frühgeborenes 25+3 SSW, GG 730g, einer 31-jährigen 2. Gravida/1. Para, das per Sectio bei mütterlichem HELLP-Syndrom geboren wurde. Pränatal erfolgte bei Hydrops fetalis eine intrauterine Transfusion und Aszitespunktion. APGAR 3/6/8. NS-pH 7,31. Der postnatale Verlauf war kompliziert durch eine eingeschränkte kardiale Funktion, Perikarderguss, Anämie, ANS III°, PPHN (NO-Therapie), IVH 1. Grades, keine PVL, PDA (chir. Ligatur) und rezidivierende Infektionen (bakteriell, Candida) sowie eine BPD (Sauerstofftherapie bis zu einem korrigierten Alter von 9 Monaten). Die Serologie war positiv für PV B19-IgG und -IgM. Im korrigierten Alter von 20 Monaten zeigte er eine erfreuliche Entwicklung mit einer Verzögerung von 4 Monaten (motorisch 7 Monaten) (Griffiths-Scales). Fall 2: Männliches Frühgeborenes 26+3 SSW, GG 870g. Entbindung per Sectio bei pathologischem CTG bei Hydrops fetalis mit Aszites bei seit drei Monaten bekannter aktiver maternaler PV B19-Infektion. APGAR 6/7/8, NS-pH 7,1. Der postnatale Verlauf war kompliziert durch eine schwere Anämie (Hb 4,3g/dl), ANS III-IV°, NO-Therapie, PDA (chir. Ligatur), Langzeitbeatmung (67 Tage), keine IVH, keine PVL. Im Verlauf entwickelte er eine schwere BPD mit aktuell persistierendem Sauerstoffbedarf im Alter von 1,5 Jahren. Zusätzlich zeigte sich ein WPW-Syndrom mit supraventrikulären Extrasystolen. Hämodynamisch relevante aortopulmonale Kollateralen wurden per Coil-Embolisation verschlossen. Persistierende PV B19-Viruslast. Psychomotorische Entwicklungsverzögerung von 7 Monaten. Schlussfolgerung: Die beiden Kasuistiken zeigen zwei unterschiedliche Entwicklungsverläufe von extrem unreifen Frühgeborenen nach Hydrops fetalis bei PV B19-Infektion in der Schwangerschaft. Trotz hochgradiger postnataler Komplikationen zeigte sich besonders im ersten Fall eine zufriedenstellende Entwicklung in den ersten zwei Lebensjahren. Unsere Daten können bei der schwierigen individuellen pränatalen Beratung der Eltern bei Frühgeburtlichkeit und Parvovirus B19-Infektion helfen.