Neuropediatrics 2006; 210 - P18
DOI: 10.1055/s-2006-946374

Mikrozirkulatorische Veränderungen bei neonataler Infektion

I Alba-Alejandre 1, S Hiedl 1, A Baur 2, F Christ 2, O Genzel-Boroviczény 1
  • 1Kinderklinik und Kinderpoliklinik, München, D
  • 2Institut für Anästhesiologie, Klinikum Großhadern, München, D

Hintergrund: Der Einfluss einer pathologisch veränderten Mikrozirkulation auf Krankheitsverlauf und Prognose konnte bei Erwachsenen mit Sepsis in den letzten Jahren mehrfach nachgewiesen werden.

Fragestellung: Finden sich auch bei Neugeborenen mit Infektion Veränderungen der Mikrozirkulation?

Methode: Die Messung der Mikrozirkulation erfolgte durch die „Orthogonale Polarisierte Spektrale Bildgebung“ (OPS), die eine nicht-invasive Darstellung der Hautperfusion ermöglicht. Die Bildsequenzen wurden offline und geblindet ausgewertet. Nach Boerma1 und Sakr2 erfolgte die qualitative Einteilung des Blutflussmusters in den dargestellten Gefäßen (Gefäßdurchmesser 6–20mm und 20–100mm) in: „kein Blutfluss“, „intermittierender Blutfluss“, „träger Blutfluss“ und „kontinuierlicher Blutfluss“. Alle Gefäße, die keinen kontinuierlichen Blutfluss aufwiesen, wurden als pathologisch durchblutete Gefäße gewertet und ihr prozentualer Anteil an der Gesamtzahl beobachteter Gefäße berechnet. Aufgrund der guten Bildqualität erfolgten die Messungen an der Ohrmuschel.

Die Mikrozirkulation wurde bei Neugeborenen mit Infektionsrisiko (dick grünes Fruchtwasser, fetale Tachykardie, Blasensprung >18h, maternales Fieber oder maternale CrP-Erhöhung) und bei Neugeborenen ohne Infektionsrisiko am ersten, zweiten und dritten Lebenstag gemessen. Eine Infektion wurde durch eine CrP-Konzentration >0,5mg/dl oder einer IL-6-Konzentration >50 pg/ml und klinischen Infektionszeichen definiert.

Ergebnisse: Es wurden 30 reife Neugeborene mit einem mittleren Geburtsgewicht von 3261g (Spanne: 2230g-4240g) und einem mittleren Gestationsalter von 39 Wochen (37–41 Wo.) prospektiv untersucht. Davon erfüllten 7 Kinder die Kriterien einer Infektion (CRP 0,6–7,1mg/dl; IL-6: 98–240pg/ml). Beide Gruppen unterschieden sich nicht im Geburtsgewicht und Gestationsalter. Bei keinem Patienten mit Infektion konnte ein Erreger in der Blutkultur nachgewiesen werden oder fand sich klinisch das Bild einer schweren Sepsis.

Bei den Neugeborenen mit Infektion (n=7) war der Anteil pathologisch perfundierter Gefäße im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe signifikant erhöht (p<0,05). In den kleinen Gefäßen (<20µm Durchmesser) lag der Anteil der Gefäße mit pathologischem Flussmuster bei 51,1% [CI 95%: 19,8–82,4] im Vergleich zu 12,7% [5,8–19,7] bei den gesunden Neugeborenen (p<0,05). Auch bei den Gefäßen mit einem Durchmesser von 20–100µm war der Anteil pathologischer Gefäße mit 38,4% [13,4–63,4] gegenüber den gesunden Kindern mit 8,6% [3,5–13,6] signifikant höher (p<0,05).

Schlussfolgerung: Bei Neugeborenen kommt es bereits bei Infektionen ohne schwerem septischen Bild zu signifikanten Störungen der Mikrozirkulation. Weitere prospektive Studien müssen zeigen, ob durch Messung der Mikrozirkulation Infektionen vor dem Anstieg der Laborparameter identifiziert werden können.

1. Boerma EC, Critical Care 2005, 9:601–606

2. Sakr Y, Crit care Med 2004, 32 (9): 1825–1831