Neuropediatrics 2006; 210 - P8
DOI: 10.1055/s-2006-946364

Postnatale Primärversorgung und Morbidität bei Frühgeborenen <1250g

C Wieg 1, M Wilhelm 1
  • 1Klinikum Aschaffenburg, Aschaffenburg, D

Hintergrund: Die Vermeidung der Beatmung extrem kleiner FG scheint einen prophylaktischen Effekt für das Überleben ohne BPD zu haben. Seit 2002 verfolgen wir konsequent eine restriktive Intubationspolitik bei der Primärversorgung dieser Kinder im Kreißsaal, d.h. die primäre Intubation und Beatmung im Kreißsaal erfolgt nur, wenn keine konstante Spontanatmung etabliert werden kann, oder eine CP-Reanimation erforderlich ist.

Fragestellung: Wie unterscheiden sich primär im Kreißsaal intubierte FG <1250g, von denen, die im weiteren Verlauf sekundär oder nie maschinell beatmet werden, hinsichtlich ihrer Ausgangsdaten und ihrer Folgemorbidität.

Methode: Retrospektive Analyse der Kinder<1250g in einem Perinatalzentrum, Geburt zwischen 6/2002 und 6/2005. Vergleich der Kollektive von primär- bzw., sekundär beatmeten und nie beatmeten FG hinsichtlich Geburtsgewicht (GG), Gestationsalter (GA), CRIB-Score, Chorioamniitis (Histologie), Mortalität, und neonataler Folgemorbidität. Ausschluss von Patienten mit Malformationen bzw. chromosomalen Störungen (4/82)

Ergebnisse: 78 Kinder wurden eingeschlossen. Nie beatmet 29 Kinder (37%), sekundär beatmet 35 Kinder (45%), 14 Kinder (18%) wurden im Kreißsaal intubiert. Die primär Beatmeten hatten durchschnittlich neben einem niedrigeren GA (25,1 vs. 28,2 SSW, p<0,001) und GG (671 vs. 960g, p<0,001) auch einen höheren CRIB-Score (10 vs. 6, p<0,002)) und eine höhere Mortalitätsrate (25% vs. 3%, p<0,001) im Vergleich zu den sekundär beatmeten Kindern. Die Beatmungsdauer und die Dauer der O2-Abhängigkeit war signifikant länger bei den primär intubierten Patienten. Dagegen gab es keinen Unterschied in der Chorioamniitisrate (50% vs. 34%,n.s.), bzw. der Rate der BPD-36, IVH>1°, PVL, NEC u. ROP>1° der Überlebenden in beiden Gruppen. Die nie beatmete Gruppe hatte das höchste durchschnittliche GG (1073g, p<0,001), hatte seltener eine Chorioamniitis (24%, p<0,02) und den niedrigsten CRIB-Score (2, range 1–6, p<0,001) im Vergleich zu den beatmeten Patienten. Hinsichtlich der Reife bestand kein signifikanter Unterschied zwischen beatmeten und nicht beatmeten Kindern (28,5 vs.27,1 SSW, n.s.). Nur ein Kind dieser Gruppe zeigte eine ROP>1°, sonst keine pulmonale oder neurologische Folgemorbidität.

Unsere Daten zeigen, dass sich die Kollektive der primär bzw. sekundär beatmeten Kinder, charakterisiert durch GA, GG und CRIB-Score, signifikant voneinander unterscheiden.

Diskussion: Die primäre Intubation im Kreißsaal war keine unabhängige Variable für die Folgemorbidität, sondern vielmehr Ausdruck der Ausgangssituation der besonders kleinen und kranken Kinder. Die Unterschiede der Folgemorbidität zwischen beatmeten und nicht beatmeten Patienten dürften ähnlichen Einflüssen unterliegen.

Konklusion: Bei der Planung von prospektiven Interventionsstudien bezüglich der Primärversorgung bzw. Vermeidung der Beatmung von sehr kleinen Frühgeborenen sollten CRIB-Score und Chorioamniitis als Einflussgrößen beachtet werden.