Neuropediatrics 2006; 210 - V54
DOI: 10.1055/s-2006-946336

Erhöhte pulmonale DMBT1-Expression bei Infektionen von Frühgeborenen und DMBT1-bedingte negative Modulation der Surfactantfunktion

H Müller 1, C End 2, M Renner 3, BM Helmke 4, N Gassler 5, S Lyer 3, B Beedgen 1, J Pöschl 1, D Hartl 6, M Griese 6, A Poustka 3, J Mollenhauer 3, O Linderkamp 1
  • 1Uni-Kinderklinik Heidelberg, Abt. Neonatologie
  • 2Hochschule Mannheim, Fachbereich Biotechnologie, Mannheim
  • 3DKFZ Heidelberg, Abt. Molekulare Genomanalyse, Heidelberg
  • 4Institut für Pathologie, Uniklinik Heidelberg, Heidelberg
  • 5Institut für Pathologie, RWTH Aachen, Aachen
  • 6Dr. von Haunersches Kinderspital, Uni München, München, D

Fragestellung: Die primäre und sekundäre Surfactantdefizienz hat wesentlichen Anteil an der Morbidität und Letalität unreifer Frühgeborener. Insbesondere inflammatorische Prozesse tragen durch die Modulation von Surfactantfunktionen zu einer Verschlechterung der pulmonalen Situation bei.

Das Glykoprotein DMBT1 (Deleted in Malignant Brain Tumors1) gehört zu der Gruppe B der scavenger receptor cysteine-rich Familie. Es spielt eine Rolle bei der Immunabwehr an mukosalen Oberflächen, indem es zahlreiche Bakterien und Viren bindet und agglutiniert. Ebenso interagiert es mit den Surfactantproteinen A und D, trägt zur Aktivierung der Chemokinese alveolärer Makrophagen bei und vermittelt die Aktivierung des Komplementsystems.

Wir konnten mittels enzyme-linked immunosorbent assay (ELISA) nachweisen, dass bei einer Infektion im Trachealsekret frühgeborener Kinder hochsignifikant erhöhte DMBT1-Level vorliegen.

Wir untersuchten die DMBT1-Expression im Lungengewebe verstorbener Früh- und Reifgeborener und bestimmten den Einfluss von DMBT1 auf die Funktion von Surfactant.

Methodik: Mittels Immunhistochemie wurde die DMBT1-Expression in Lungenschnitten von 17 verstorbenen Früh- und Reifgeborenen unter Verwendung der Antikörper anti-DMBT1h12 (monoklonal) und anti-DMBT1p84 (polyklonal), die gegen verschiedene Regionen des Proteins gerichtet sind, untersucht. Den Einfluss von humanem rekombinanten DMBT1 (hrDMBT1) auf Rinder- und Schweinesurfactant (Alveofact, Curosurf) analysierten wir mithilfe eines capillary surfactometers (Calmia Medical, Toronto, ON, Canada).

Ergebnisse: Die immunhistochemischen Analysen zeigten eine erhöhte DMBT1-Expression der Alveolen, Bronchiolen und Bronchien bei den Frühgeborenen mit Infektion im Vergleich zu denen ohne Infektion.

hrDMBT1 erhöhte in vitro die Oberflächenspannung von Alveofact und Curosurf. Zugabe von Calcium inhibierte diesen Effekt. Dabei wurde – im Vergleich zu Curosurf – die Funktion von Alveofact durch geringere DMBT1-Mengen (100µg/ml vs. 200µg/ml) beeinflusst, und es war eine höhere Calcium-Menge (5mM CaCl2 vs. 1mM CaCl2) erforderlich, um die Surfactant-Funktion wiederherzustellen.

Schlussfolgerung: Unsere Daten weisen darauf hin, dass die erhöhte Expression von DMBT1 in der Lunge bei Frühgeborenen mit Infektion zu einer nachteiligen Modulation der Funktion von bereits vorhandenem endogenen oder appliziertem exogenen Surfactant beitragen könnte.