Neuropediatrics 2006; 210 - V38
DOI: 10.1055/s-2006-946320

Plazentaler Transfer des Protease Hemmers Nelfinavir im dualen in vitro Plazentaperfusionsmodell

K Linnemann 1, D Mehltretter 2, K May 1, M Kurowski 3, HK Kroemer 2, W Siegmund 2, C Fusch 1
  • 1Uni-Kinderklinik, Greifswald
  • 2Inst. für Pharmakologie, Greifswald
  • 3HIV-Lab, Auguste Viktoria Krankenhaus, Berlin, D

Hintergrund: Nelfinavir wird häufig in der Behandlung von HIV in der Schwangerschaft angewendet. Serumprobenpaare aus der maternalem Blut und Nabelschnurblut zeigen sehr niedrige Spiegel von Nelfinavir im Nabelschnurblut, verglichen mit dem maternalen Blut. Diese Ergebnisse sind möglicherweise Folge eines Rücktransportes von Nelfinavir in den maternalen Kreislauf durch plazentare Transporter wie P-glykoprotein. Nelfinavir ist ein bekanntes Substrat von P-glykoprotein.

Ziel: Messung des plazentaren Transfers von Nelfinavir und Nachweis eines aktiven Transports.

Material und Methoden: Die Plazenten wurden nach schriftlicher Einwilligung durch die Mutter verwendet. Duale closed loop in vitro Plazentaperfusion an isolierten Kotyledonen (n=12): Perfusionsexperimente in 4 Phasen: 1. Stabilisierung und Kontrollphase (1h); 2. Zugabe von Nelfinavir in den ersten Kreislauf (entweder maternal oder fetal) und Messung des Nelfinavirtransfers (3h); 3. Auswaschphase (0.5h) gefolgt von; 4. Zugabe von Nelfinavir in den zweiten Kreislauf. Die Reihenfolge der Nelfinavir Gabe (zuerst maternal oder zuerst fetal) wurde randomisiert. Die Transferdaten wurden mit der Antipyrinpermeabilität normalisiert um für Unterschiede in der Diffusion zwischen den Experimenten zu korrigieren. Kontroll Parameter für vitales Plazentagewebe waren Glukoseverbrauch, Laktatproduktion, Leptinproduktion sowie die Permeabilität von Kreatinin und Antipyrin.

Ergebnisse: Die normalisierte Nelfinavirpermeabilität in maternal->fetaler Richtung war nicht signifikant unterschiedlich zur Permeabilität in fetal->maternaler Richtung (0,5±0,5 v 0,3±0,4). Glukoseverbrauch (0,23±0,07µmol/g/min), Laktatproduktion (0,42±0,12µmol/g/min) und Leptinfreisetzung (225pg/g/min) zeigten einen normalen Gewebsstoffwechsel. Der feto->maternale Volumenverlust lag unter 4ml/h.

Schlussfolgerung: Es ist unwahrscheinlich, dass aktive gerichtete Tranporter in den plazentaren Nelfinavirtransfer involviert sind. Die beobachteten niedrigen fetalen Serumspiegel in mit Nelfinavir behandelten Schwangerschaften sind eher durch andere Mechanismen wie hohe Plasmaeiweißbindung oder Verstoffwechselung des Nelfinavirs bedingt.