Neuropediatrics 2006; 210 - V34
DOI: 10.1055/s-2006-946316

Nosokomiale Infektionen wachstumsretardierter Frühgeborener mit einem Geburtsgewicht <1500g: eine Multicenter-Studie

DB Bartels 1, F Schwab 2, O Dammann 1, 3, S Bärwolff 2, C Geffers 2, P Gastmeier 2, 4
  • 1Perinatale Infektionsepidemiologie, Abt. Pädiatrische Pneumologie und Neonatologie, Abt. Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Medizinische Hochschule Hannover
  • 2Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Charité Universitätsmedizin, Berlin
  • 3Neuroepidemiologie, Abt. Neurologie, Children's Hospital und Harvard Medical School, Boston
  • 4Medizinische Mikrobiologie, Medizinische Hochschule Hannover

Fragestellung:

Frühgeborene (FG) mit einem Geburtsgewicht <1500g und Wachstumsrestriktion (Small-for-Gestational-Age, SGA) haben eine höhere Mortalität als dem Reifealter entsprechend entwickelte FG (Appropriate-size-for-Gestational-Age, AGA); bzgl. der Morbidität sind die Ergebnisse divergierend. Ziel dieser Untersuchung war zu analysieren, ob SGA-FG ein erhöhtes Risiko für nosokomiale Infektionen haben.

Methodik:

Das Krankenhaus-Infektions-Surveillance-Systems für neonatologische Patienten (NEO-KISS) umfasst Daten von FG mit einem Geburtsgewicht <1500g aus 47, zumeist größeren deutschen Kliniken (mindestens 30 Aufnahmen dieser untergewichtigen Kinder pro Jahr). Basierend auf den Daten aus 2000–2004 wurden von n=6681 Patienten nach definierten Einschlusskriterien n=2918 SGA- und AGA-FG mit einem Reifealter von 24–28 Wochen selektiert. Wachstumsrestriktion war definiert als ein Geburtsgewicht unterhalb des 10% Quantils, AGA-FG hatten ein Geburtsgewicht zwischen dem 10% und 90% Quantil gemäß reifealter-, geschlechts- und einlings-/mehrlingsspezifischen populationsbasierten Perzentilen. Als nosokomiale Infektionen wurden Sepsis, Pneumonie und zusätzlich die Nekrotisierende Enterocolitis (NEC) untersucht.

Univariable Analysen basierten auf Odds Ratios (ORs) und zugehörigen 95% Konfidenzintervallen (KI), Chiquadrat-, t- und Wilcoxon-Tests. Logistische Regressionen, adjustiert für die zentrumsbedingten Cluster-Effekte (General Estimating Equation Modelle), dienten der multivariablen Modellierung.

Ergebnisse:

Von den 2918 FG waren 13% (n=392) SGA- und 87% (n=2526) AGA-FG. An mindestens einer Sepsis erkrankten 33% der Neugeborenen, 42% der SGA- und 31% der AGA-FG. Sowohl uni- als auch multivariabel hatten SGA-FG ein erhöhtes Sepsisrisiko (OR 1,57, 95% KI 1,27–1,96, adjustiertes (adj.) OR 1,41, 95% KI 1,05–1,89). Sechs Prozent der Kinder hatten eine Pneumonie, 8,4% der SGA- und 5,5% der AGA-FG. Das adj. OR war 1,57, 95% KI 1,19–5,57. Eine NEC hatten 5% der Kinder, 7% der SGA- und 5% der AGA-FG. Nach Adjustierung für potentielle Confounder betrug das adj. OR 1,20, 95% KI 0,75–1,94.

Schlussfolgerung:

Small-for-Gestational-Age-FG hatten ein leicht bis deutlich erhöhtes Risiko an einer nosokomialen Infektion zu erkranken. Diese Ergebnisse geben Anlass, potentielle Interaktionen zwischen Ernährungs- und Immunstatus als Ursachenfaktor für die erhöhte Mortalität der SGA-FG näher zu untersuchen.