Einleitung: Komplexer werdende Arbeitsabläufe und die Zunahme der täglichen Routineprozeduren
in der Neonatologie führen zu einem Mehrauftreten von potentiell lebensgefährlichen
Fehlern an den Patienten.
Personaleinsparungen, Anleitung von unerfahrenen Ärzten und die Zunahme der Verwaltungstätigkeit
minimieren die Arbeit am Patienten. Allerdings kann durch elektronische Unterstützung
Arbeitszeit optimiert eingesetzt werden. Einen Ansatzpunkt zur Optimierung der Arbeitsprozesse
sahen wir in der Nutzung der elektronischen Visite.
Methoden: Wir haben Oberflächen, Algorithmen und Datenbanken entwickelt, um eine anwenderfreundliche
und effiziente Struktur der elektronischen Visite zu ermöglichen.
Ein Laptop, über WLAN mit dem Intranet verbunden, wird bei der täglichen Visite mitgeführt
und ermöglicht durch Anwendung unserer Oberflächen die enterale und parenterale Ernährung
individuell zu berechnen.
Durch Einführung von Kontrollalgorithmen, sowie durch Ausdruck der Infusionszubereitung
werden Dosierungsfehler minimiert. Das aktuelle Gewicht und die Kalorienzufuhr können
visualisiert und den individuellen Bedürfnissen schnell angepasst werden.
Ein weiterer Punkt war die Integration von so genannten „Clinical Pathways“. Durch
Indizes, wie Gestationsalter, Geburtsgewicht, Lebenstag und Teilnahme an Studien,
können Routineaufgaben (Blutentnahmen, Sonographien, Aufklärungen, ...) zugewiesen
und auf Aufgabenlisten abgebildet werden.
Wir verglichen die Fehlerquote der herkömmlichen Berechnung der Ernährung von insgesamt
18 Neonaten <1500g und das Abweichen von den Stationsstandards vor und nach Einführung
der Kontrollalgorithmen. Es wurde die Zusammensetzung der parenteralen Ernährung der
Tage 2,3 und 7 nach Vorgabe durch den Arzt überprüft. Ein Abweichen von mehr als 5%
von der mathematischen Genauigkeit wurde als fehlerhafte Berechnung gewertet. Ferner
wurde geprüft, ob ein Routine Ultraschall des ZNS, nach Stationsstandard, am Tag 3,
7 und 14 durchgeführt wurde.
Ergebnisse: Es wurde festgestellt, dass sich durch die Anwendung der elektronischen Algorithmen
die Fehlerquote in der Berechnung senken und die Einhaltung der Stationsstandards
signifikant verbessern ließ (Mann-Whitney Rank Sum Test, p=0,002).
Diskussion: Die Prozessoptimierung in der Neonatologie durch elektronische Datenverarbeitung
nach diesem Beispiel reduziert die Anzahl von potentiell lebensgefährlichen Dosierungsfehlern.
Eine Reduktion des ärztlichen Arbeitszeitaufwandes und verkürzte Einarbeitungszeiten
neuer Mitarbeiter sind nach unseren Erfahrungen anzunehmen.
Inwiefern ein tägliches Monitoring des Wachstums, der Energie- und Flüssigkeitszufuhr
die Qualität der Betreuung verbessern kann, ist Gegenstand weiterer Studien. Die Datensammlung
für Forschung und Lehre, Überwachung therapeutischer Standards und die Durchführung
von Studien wird unterstützt. In der Einhaltung der Standards liegt auch eine juristische
Absicherung des Arztes.