Neuropediatrics 2006; 210 - V06
DOI: 10.1055/s-2006-946288

Neurokognitive Entwicklung nach neonataler systemischer Inflammationsreaktion (NSIR) bei Frühgeborenen (FG) mit einem Geburtsgewicht <1000g im korrigierten Alter von 5,7 Jahren

J Steinmacher 1, F Pohlandt 1, H Bode 1, M Kron 1, AR Franz 2
  • 1Universität Ulm, Ulm
  • 2Universitätsklinikum Bonn, Bonn, D

Hintergrund: Die systemische Inflammationsreaktion wird als pathogenetischer Faktor in der Ätiologie von Hirnschädigungen bei FG diskutiert.

Zielsetzung: Zu prüfen, ob eine NSIR bei FG <1000g mit einer Beeinträchtigung der neurokognitiven Entwicklung assoziiert ist.

Methodik: Interleukin 8 (IL-8) wurde in prospektiven Studien systematisch bei FG mit klinischen Zeichen einer bakteriellen Infektion bzw. bei geburtshilflichen Risikofaktoren für eine bakterielle Neugeboreneninfektion bestimmt [Franz et al. Pediatrics 1999; 104:447–453, Franz et al. Acta Paediatrica 2001; 90:1025–1032, Franz et al. Pediatrics 2004; 114:1–8]. Eine NSIR wurde definiert als mindestens eine IL-8 Plasma-Konzentration >250pg/ml während der ersten 3 Lebenstage. Die Kohorte der FG <1000g, die vom 01.07.1996 bis zum 30.06.1999 durch die Sektion Neonatologie der Universität Ulm erstversorgt worden war, wurde im korrigierten Alter von 5,7±0,6 Jahren standardisiert nachuntersucht. Die standardisierte Untersuchung umfasste die Kaufmann Assessment Battery for Children, eine standardisierte neurologische Untersuchung sowie die Gross Motor Function Classification Scale (GMFCS). Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurde zwischen FG mit und FG ohne NIRS verglichen.

Ergebnisse: 37 FG <1000g erfüllten das NIRS Kriterium, 88 FG <1000g dienten als Kontrollgruppe. Gestationsalter (26,0±1,9 im Vergleich zu 26,3±2,1) und CRIB-Score (6,8±3,6 im Vergleich zu 5,9±3,4) waren in beiden Gruppen ähnlich. Es zeigte sich ein Trend zu einer höheren Inzidenz schwerer intra-/periventrikulärer Hirnblutungen bei den FG mit NIRS (5/37 im Vergleich zu 3/88; p=0,06). FG mit NIRS hatten einen niedrigeren IQ (79±26 im Vergleich zu 92±13; p<0,001), eine höhere Inzidenz auffälliger neurologischer Untersuchungsergebnisse (18/37 im Vergleich zu 23/88; p=0,02) und häufiger eine deutlich eingeschränkte Mobilität (GMFCS >1 bei 3/37 im Vergleich zu 2/88 FG; p=0,01).

Bei FG mit einem IQ <71 (n=17) betrug die maximale IL-8 Konzentration 1445±2577 pg/ml im Vergleich zu 384±1128 pg/ml bei FG mit einem IQ >70 (n=108); p<0,001. Auch nach Ausschluss der FG mit schweren intra-/periventrikulären Hirnblutungen bestand ein IQ-Unterschied zwischen den Gruppen mit und ohne NIRS (84±26 im Vergleich zu 92±13; p=0,01).

Schlussfolgerung: Eine NIRS ist bei FG <1000g mit einer Beeinträchtigung der neurokognitiven Entwicklung assoziiert.