Z Geburtshilfe Neonatol 2006; 210 - P16
DOI: 10.1055/s-2006-946106

Konnatale Hyperthyreose als seltene Ursache einer neonatalen Tachykardie

J Riedel 1, W Hecker 2, M Kroll 2, G Schädel 1
  • 1Klinikum Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd, D
  • 2Olgahospital, Stuttgart, D

Hintergrund: Die konnatale Hyperthyreose ist ingesamt sehr selten, weltweit wurden bisher nur ca. 250 Fälle publiziert. Eine neonatale Hyperthyreose kann bei ca. 1% der Neugeborenen von schwangeren Frauen mit M. Basedow beobachtet werden und wird hier durch mütterliche stimulierende Immunglobuline verursacht. Es wurden jedoch auch Fälle, bei denen eine Hyperthyreose des Neugeborenen auftrat, beobachtet, ohne dass ein M. Basedow der Mutter vorlag. Ursächlich dafür wird eine aktivierende Mutation des TSH-Rezeptors als Auslöser einer neonatalen, nichtimmunogenen Hyperthyreose angenommen.

Die primäre Therapie der Wahl ist immer die thyreostatische Therapie.

Fallbericht: Wir berichten über ein Frühmangelgeborenes nach 36+6 SSW, GG 2320g. Auffällig waren postpartale Tachykardien bis max. 280/min bei stabilen Vitalfunktionen.

Die kinderkardiologische Abklärung ergab bis auf eine reine Sinustachykardie keine Auffälligkeiten. Laborchemisch bestanden negative Entzündungswerte, die Elektrolyte lagen im Normbereich.

In der erweiterten Diagnostik war das TSH praktisch nicht nachweisbar, fT4 und T3 deutlich erhöht, TPO-AK und TSH-AK negativ. Der sonographische Untersuchungsbefund der Schilddrüse war unauffällig.

Die mütterlichen Schilddrüsenwerte waren euthyreot, TSH-AK konnten nicht nachgewiesen werden.

Somit ist von einer konnatalen, nichtimmunogenen Hyperthyreose, vermutlich in Folge einer aktivierenden TSH-Rezeptor-Mutation, als Ursache der neonatalen Tachykardie auszugehen.

Die Behandlung bei unserem Kind erfolgte mittels Propylthiouracil (bis max. 18mg/kg/die, vor Entlassung 8mg/kg/die). Bei ausgeprägten Tachykardien behandelten wir passager zusätzlich mit einem Betablocker (Metoprolol, 2mg/kg/die).

Bei der vorliegenden Hyperthyreose mit anzunehmender Mutation des TSH-Rezeptors ist eine thyreostatische Behandlung nur selten dauerhaft erfolgreich, so dass häufig frühzeitig eine komplette Thyreoidektomie erforderlich ist.

Fazit: Bei neonataler Tachykardie sollte in der Differentialdiagnose neben einer kinderkardiologischen Abklärung auch an extrakardiale Ursachen, z.B. eine konnatale Hyperthyreose, gedacht werden.