Z Geburtshilfe Neonatol 2006; 210 - V10
DOI: 10.1055/s-2006-946026

Senkung der Fehlerquote und Prozessoptimierung in der Neonatologie durch elektronische Datenverarbeitung

N Rochow 1, C Niesytto 1, C Fusch 1
  • 1Universitätskinderklinik, Greifswald, D

Einleitung: Komplexer werdende Arbeitsabläufe und die Zunahme der täglichen Routineprozeduren in der Neonatologie führen zu einem Mehrauftreten von potentiell lebensgefährlichen Fehlern an den Patienten.

Personaleinsparungen, Anleitung von unerfahrenen Ärzten und die Zunahme der Verwaltungstätigkeit minimieren die Arbeit am Patienten. Allerdings kann durch elektronische Unterstützung Arbeitszeit optimiert eingesetzt werden. Einen Ansatzpunkt zur Optimierung der Arbeitsprozesse sahen wir in der Nutzung der elektronischen Visite.

Methoden: Wir haben Oberflächen, Algorithmen und Datenbanken entwickelt, um eine anwenderfreundliche und effiziente Struktur der elektronischen Visite zu ermöglichen.

Ein Laptop, über WLAN mit dem Intranet verbunden, wird bei der täglichen Visite mitgeführt und ermöglicht durch Anwendung unserer Oberflächen die enterale und parenterale Ernährung individuell zu berechnen.

Durch Einführung von Kontrollalgorithmen, sowie durch Ausdruck der Infusionszubereitung werden Dosierungsfehler minimiert. Das aktuelle Gewicht und die Kalorienzufuhr können visualisiert und den individuellen Bedürfnissen schnell angepasst werden.

Ein weiterer Punkt war die Integration von so genannten „Clinical Pathways“. Durch Indizes, wie Gestationsalter, Geburtsgewicht, Lebenstag und Teilnahme an Studien, können Routineaufgaben (Blutentnahmen, Sonographien, Aufklärungen, ...) zugewiesen und auf Aufgabenlisten abgebildet werden.

Wir verglichen die Fehlerquote der herkömmlichen Berechnung der Ernährung von insgesamt 18 Neonaten <1500g und das Abweichen von den Stationsstandards vor und nach Einführung der Kontrollalgorithmen. Es wurde die Zusammensetzung der parenteralen Ernährung der Tage 2,3 und 7 nach Vorgabe durch den Arzt überprüft. Ein Abweichen von mehr als 5% von der mathematischen Genauigkeit wurde als fehlerhafte Berechnung gewertet. Ferner wurde geprüft, ob ein Routine Ultraschall des ZNS, nach Stationsstandard, am Tag 3, 7 und 14 durchgeführt wurde.

Ergebnisse: Es wurde festgestellt, dass sich durch die Anwendung der elektronischen Algorithmen die Fehlerquote in der Berechnung senken und die Einhaltung der Stationsstandards signifikant verbessern ließ (Mann-Whitney Rank Sum Test, p=0,002).

Diskussion: Die Prozessoptimierung in der Neonatologie durch elektronische Datenverarbeitung nach diesem Beispiel reduziert die Anzahl von potentiell lebensgefährlichen Dosierungsfehlern. Eine Reduktion des ärztlichen Arbeitszeitaufwandes und verkürzte Einarbeitungszeiten neuer Mitarbeiter sind nach unseren Erfahrungen anzunehmen.

Inwiefern ein tägliches Monitoring des Wachstums, der Energie- und Flüssigkeitszufuhr die Qualität der Betreuung verbessern kann, ist Gegenstand weiterer Studien. Die Datensammlung für Forschung und Lehre, Überwachung therapeutischer Standards und die Durchführung von Studien wird unterstützt. In der Einhaltung der Standards liegt auch eine juristische Absicherung des Arztes.