Kardiologie up2date 2006; 2(2): 155-171
DOI: 10.1055/s-2006-944565
Herzrhythmusstörungen
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Genetisch bedingte Kammertachyarrhythmien und primär elektrische Erkrankungen des Herzens

Christian  Wolpert, Rainer  Schimpf, Christian  Veltmann, Jürgen  Kuschyk, Martin  Borggrefe
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Publikationsdatum:
08. August 2006 (online)

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Einleitung

In Deutschland versterben pro Jahr mehr als 100 000 Menschen an einem plötzlichen Herztod. Dieser ist für ca. 50 % der Mortalität kardiovaskulärer Erkrankungen verantwortlich [1]. Hauptursache für den plötzlichen Herztod sind ventrikuläre Tachyarrhythmien, denen meist strukturelle Herzerkrankungen wie die koronare Herzerkrankung oder die dilatative Kardiomyopathie zugrunde liegen. Bei 5 - 10 % der plötzlichen Herztodesfälle - vor allem bei jüngeren Patienten - findet sich keine dieser häufigen Grunderkrankungen. Bei diesen Patienten müssen folgende Erkrankungen in Betracht gezogen werden:

strukturelle Erkrankung des Herzmuskels (z. B. hypertrophe Kardiomyopathie oder arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie), Myokarditis, Koronaranomalie, primär elektrische Erkrankung des Herzens.

Zu den primär elektrischen Erkrankungen des Herzens zählen das Long-QT-Syndrom, das Short-QT-Syndrom, das Brugada-Syndrom und die katecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie (CPVT).

Häufig werden diese Erkrankungen nicht (frühzeitig) erkannt, da sie entweder bis zum Zeitpunkt des tödlichen Ereignisses asymptomatisch verlaufen oder ihre Frühsymptome wie Synkopen, Schwindel und Palpitationen fehlgedeutet werden. Dem Oberflächen-EKG und der Familienanamnese kommt bei diesen Erkrankungen eine besondere Bedeutung zu, da mit ihrer Hilfe die Diagnose häufig frühzeitig gestellt werden kann. Beispielsweise war es nach dem plötzlichen Herztod von jungen Patienten (< 40 LJ) möglich, mittels detaillierter Familienanamnese, EKG, Ergometrie und molekulargenetischer Untersuchung in bis zu 40 % der Fälle eine familiäre genetisch bedingte Ursache für den plötzlichen Herztod zu identifizieren [2].

Die im Folgenden diskutierten Erkrankungen sind primär elektrische Erkrankungen und setzen einen Ausschluss anderer Ätiologien (z. B. eine arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie) voraus. Alle Patienten mit einer entsprechenden Diagnose müssen also zuvor umfassend kardiologisch abgeklärt sein.

Mit der immer häufiger durchgeführten molekulargenetischen Untersuchung von sog. idiopathischen Patienten wird zwar der Anteil ungeklärter Arrhythmieursachen geringer, es bleiben aber dennoch viele Patienten mit maligner Tachyarrhythmie oder plötzlichem Herztod, deren Ursache - zumindest bisher - nicht bekannt ist. Auch in dieser Gruppe der Patienten mit idiopathischem Kammerflimmern ist die Rezidivrate eines plötzlichen Herztodes immer noch hoch, sodass diese Patienten einer Sekundärprophylaxe mit einem ICD bedürfen.

Literatur

Priv.-Doz. Dr. med. Christian Wolpert

I. Medizinische Klinik

Universitätsklinikum Mannheim · Theodor-Kutzer-Ufer 1 - 3 · 68167 Mannheim

eMail: christian.wolpert@med.ma.uni-heidelberg.de