Zentralbl Gynakol 2006; 128 - P5_1
DOI: 10.1055/s-2006-944503

Einstellung von Medizinstudenten und Ärzten zur Möglichkeit der Gendiagnostik und ihr Wissen zum erblichen Brustkrebs

S Volkmann 1
  • 1Hagen

Jährlich erkranken in Deutschland ca. 48.000 Frauen an Brustkrebs. 10–20% dieser Patientinnen haben eine Verwandte, die ebenfalls an Brustkrebs erkrankt ist, und bei 5–10% der Brustkrebspatientinnen lässt sich die Erkrankung ursächlich auf eine genetischen Disposition zurückführen.

Mitte der 90er-Jahre wurden die beiden Brustkrebsgene BRCA1 und BRCA2 entdeckt. Seitdem haben Frauen aus Familien, in denen eine genetische Veranlagung vermutet wird, die Möglichkeit, untersuchen zu lassen, ob bei ihnen eine Genmutation in einem der beiden Brustkrebsgene vorliegt. Diese Untersuchungen sind nicht unproblematisch, da die Anlageträgerinnen mit einem massiv erhöhten Risiko für Brust- und auch Eierstockkrebs konfrontiert werden. Genanalysen sollten daher nur nach einer ausführlichen interdisziplinären Beratung durchgeführt werden.

In unserer Studie mit 50 mit an Brustkrebs erkrankten Frauen konnte gezeigt werden, dass die meisten Patientinnen ihren Gynäkologen oder Hausarzt ansprechen, wenn sie Fragen haben, die mit ihrer Brustkrebserkrankung im Zusammenhang stehen. Andere Möglichkeiten zur Information, wie (Fach-) Literatur, Broschüren oder Internet wurden meist nur zweitrangig oder gar nicht genannt. Da die meisten Frauen das persönliche Gespräch mit ihrem Arzt als Informationsquelle nutzen, kann man davon ausgehen, dass sein Rat auch die Grundlage für ihre weiteren Entscheidungen ist.

Diese Überlegung gab Anlass zu einer Umfrage unter Ärzten und Medizinstudenten, um herauszufinden, wie sie zur Möglichkeit der BRCA-Diagnostik stehen und was sie über erblichen Brustkrebs wissen. Es wurden knapp 300 Ärzte und 200 Medizinstudenten per E-Mail angeschrieben. In dem Anschreiben wurden der Grund und die Fragestellung der Umfrage beschrieben. Über einen Link konnten sich die Teilnehmer zum Fragebogen weiterleiten lassen, diesen anonym beantworten und abschicken.

Die Teilnahmequote lag insgesamt bei 16,6% und war bei den Ärzten mit 6,1% deutlich geringer als bei den Studenten mit 32,5%.

Das allgemeine Brustkrebsrisiko wurde von 31% richtig, von 19%, darunter auch einigen Ärzten, als zu hoch eingeschätzt. Dass eine familiäre Belastung das Risiko für Brustkrebs deutlich erhöht, war nahezu allen Teilnehmern bekannt. Den Anteil der hereditären Brustkrebserkrankungen schätzten nur 28% richtig ein.

Die Tatsache, dass man einige der prädisponierenden Genmutationen kennt und diese auch nachweisen kann, wussten 72% der Teilnehmer. Der Erbgang dieser Mutationen war hingegen nur wenigen bekannt und auch die Möglichkeit, dass männliche Verwandte eine BRCA-Mutation weitervererben können, wussten nur 40%.

Mehr als 80% der Teilnehmer wussten, dass eine Mutation das Risiko für Brustkrebs deutlich, aber nicht auf 100% erhöht und 36% wussten auch, dass das Risiko für andere Krebserkrankungen, insbesondere Eierstockkrebs erhöht ist.

Die Möglichkeit, eine Gendiagnostik durchführen zu können, wurde von den meisten Teilnehmern einerseits positiv bewertet, insbesondere mit der Begründung, dass man im Falle eines Mutationsnachweises Früherkennungsmaßnahmen ergreifen kann, andererseits wurde aber auch auf die psychische Belastung für die Anlageträgerinnen hingewiesen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die teilnehmenden Ärzte und Medizinstudenten einer genetischen Beratung und auch einer Genanalyse offen, aber nicht unkritisch gegenüberstehen und auch um ihre Grenzen wissen. So würde beispielsweise keiner der Teilnehmer einer Patientin generell von genetischen Untersuchungen abraten. Ebenso würde keiner eine Patientin zu einer solchen Untersuchung überreden oder drängen. Die meisten gaben an, ihren Rat von der Familienanamnese abhängig zu machen und zunächst eine genetische Beratung zu empfehlen.