Zentralbl Gynakol 2006; 128 - P2_7
DOI: 10.1055/s-2006-944477

Die traurige Realität der HER2-Bestimmung beim Mammakarzinom

H Bühler 1, B Duvnjak 1
  • 1Herne

Hintergrund: Durch die Verfügbarkeit von Herceptin, das mit großem Erfolg in der Therapie des HER2-positiven Mammakarzinoms eingesetzt wird, kommt einer korrekten HER2-Bestimmung große Bedeutung zu. Hierfür sind unterschiedliche Methoden verfügbar, wobei die Bestimmung der HER2-Genamplifikation per FISH am besten mit dem Therapieerfolg korreliert. Einfacher durchzuführen ist eine immunhistochemische HER2-Bestimmung, die bei einer starken Überexpression (3+) ebenfalls gute Resultate liefert. Schwierig bleiben Fälle mit schwacher Überexpression (Dako Score 2+), die nur eingeschränkt profitieren. Hier kann man durch zusätzliche Bestimmung der Genamplifikation die therapierbaren Fälle finden. Aus diesem Grund finanziert der Herceptin-Hersteller Hoffmann La-Roche ein HER2-Retesting-Programm, wo bei 2+ Fällen in Referenz-Zentren kostenlos eine FISH-Analyse durchgeführt wird.

Ziel der Studie: In unserem Referenzlabor haben wir an bislang nahezu 1000 eingesandten 2+ Präparaten die HER2-Genamplifikation durch Fluoreszenz in situ Hybridisierung (FISH) bestimmt. Wir mußten feststellen, daß das Verteilungsmuster der Genamplifikation deutlich anders war, als man es für ein selektioniertes 2+ Kollektiv erwartet hätte. Wir haben daher damit begonnen, das eingesandte Material immunhistochemisch nachzuevaluieren, um die Zuverlässigkeit der HER2-Klassifizierung in der lokalen Pathologie zu überprüfen.

Methoden: Die Präparate waren lokal mit dem Dako HercepTest oder mit dem Ventana HER2 Pathway System gefärbt worden. Die HER2-Expression wurde von der lokalen Pathologie mit 2+ bewertet. Die Konkordanz zwischen HercepTest und HER2 Pathway System beträgt ca. 90%.

Von den eingesandten Präparaten wurden in unserem Labor 4µm (FISH) oder 2.5µm (IHC) Schnitte gewonnen. Die Bestimmung der HER2-Genamplifikation erfolgte mit dem Ventana HER2 Inform Kit, die immunhistochemische Untersuchung der HER2-Proteinexpression mit dem Ventana HER2 Pathway System, beide auf einem Ventana Benchmark Färbeautomaten.

Ergebnisse: Nur 30 der 147 untersuchten Präparate zeigten tatsächlich einen Score von 2+; nur 20% waren also extern korrekt bewertet worden. Negativ mit einem Score von 0/1+ waren 98 Präparate (67%). Stark positiv mit einem Score von 3+ färbten 19 Präparate (13%). Die Korrelation von Genamplifikation und Proteinexpression war insgesamt sehr gut: 67% negativ und 33% positiv mit beiden Methoden. Im Detail gab es allerdings Abweichungen bei einzelnen Präparaten.

Schlussfolgerungen: Die Rate der Fehldiagnosen ist katastrophal! Allerdings muß man berücksichtigen, daß die Kosten der FISH-Nachtestung bei 2+ Fällen von Roche getragen werden. Einige der eingesandten Präparate dürften falsch deklariert worden sein, um eine Kostenübernahme zu erschleichen. Wie auch immer – die Bestimmung der HER2-Expression vor Ort scheint dringend verbesserungsbedürftig, insbesondere in kleineren Pathologien. In den USA scheinen die Probleme ähnlich zu liegen (J Natl Cancer Inst 94:852-57). Im Interesse der Patienten plädieren wir dafür, die HER2-Bestimmung aller Mammakarzinome (am besten per FISH) zu zentralisieren.