Zentralbl Gynakol 2006; 128 - P2_2
DOI: 10.1055/s-2006-944472

Bedeutung der Endothelin-Achse für die Invasion beim Mammakarzinom

P Wülfing 1, M Smollich 1, C Kersting 1, I Conzelmann 1, M Götte 1, L Kiesel 1
  • 1Münster

Hintergrund: Die Endothelin (ET)-Achse, welche aus den drei Isoformen eines 21-Aminosäure-Peptides, ET-1, ET-2 und ET-3, und den beiden G-Protein-gekoppelten Rezeptoren, ETAR und ETBR, besteht, ist für die Entstehung und Progression von Tumoren von Bedeutung. Die tumor-assoziierten Mechanismen wie Proliferation, Angiogenese und Antiapoptose werden insbesondere durch ET-1 via ETAR induziert. Wir haben zuvor zeigen können, dass beim Mammakarzinom eine Überexpression von ET-1 und ETAR besteht. Die ETAR Expression korrelierte hierbei mit aggressiveren Tumoren und einem signifikant schlechteren Überleben sowie einer Chemoresistenz. Ziel der aktuellen Studie war zu untersuchen, ob ein Zusammenhang zwischen der ET-Expression und der Invasion beim Mammakarzinom besteht.

Material und Methoden: Zu diesem Zweck wurden bei verschiedenen etablierten Mammakarzinom-Zellinien (MCF-7, MDA-MB-468 und MDA-MB-231) in vitro die Effekte von ET-1 bzw. Atrasentan (ABT-627), einem selektiven ETAR-Antagonisten, unter Verwendung modifizierter Boyden chambers (BioCoat Invasion chambers; Becton Dickinson) auf das Invasionsverhalten untersucht. Die Mammakarzinom-Zellen wurden für 48h mit/ohne ET-1 (107 mol) und/oder Atrasentan (1µmol) inkubiert. Die invasiven Zellen an der Unterseite des Matrigel-beschichteten Filters wurden nach Fixierung und Färbung mithilfe eines Lichtmikroskops quantifiziert. Jeder Versuch wurde mind. dreimalig durchgeführt. Für die Untersuchung der Fragestellung an humanem Tumormaterial wurden Gewebechips (Tissue microarray; TMA) mit je drei Gewebeproben aus dem Primärtumor bzw. einer Lymphknotenmetastase bei 35 nodal-positiven Mammakarzinom-Patientinnen konstruiert und Serienschnitte dieses TMAs immunhistochemisch gegen ET-1 bzw. ETAR gefärbt und die Färbeintensität semiquantitativ ausgewertet.

Ergebnisse: Die bei den Invasionsassays eingesetzten Zellinien besitzen ein unterschiedliches Invasions-Potenzial: MCF-7 ist wenig, MDA-MB-468 mäßig und MDA-MB-231 hoch invasiv. Die Inkubation mit ET-1 führte zu einer signifikanten Steigerung der Invasion verglichen mit den unbehandelten Kontrollen. Die ET-1-induzierte Zunahme der Invasion korrelierte invers mit dem zugrunde liegenden invasiven Potenzial der Zellen; insofern haben wir die stärksten ET-1 Effekte bei MCF-7 beobachtet (p=0,008). Bei allen eingesetzten Zellinien wurde die stimulierende Wirkung von ET-1 auf die Invasion durch den ETAR-Antagonisten Atrasentan komplett blockiert (MCF-7 und MDA-MB-231: p<0,001; MDA-MB-468: p=0,025). Ferner wurde das Invasionsverhalten der drei Zellinien (ohne Zugabe von exogenem ET-1) gehemmt, was darauf hindeutet, dass endogenes ET-1 als autokriner Stimulus für die Invasivität von Mammakarzinom-Zellinien dienen könnte. Die inhibitorischen Effekte von Atrasentan waren wiederum bei MCF-7 am ausgeprägtesten mit einer um 40% reduzierten Invasionsrate (p=0,030). Die Evaluation der Färbergebnisse am TMA ergab für die ETAR Expression einen Zusammenhang mit der Metastasierung: 18/34 (53%) Primärtumoren verglichen mit 27/34 (82%) Lymphknotenmetastasen waren ETAR-positiv (p=0,021). Bei 11 der 27 Patientinnen mit einer ETAR-positiven Lymphknotenmetastase (41%) war bei dem Primarius keine ETAR-Überexpression beobachtet worden. Demgegenüber hatten alle Patientinnen mit stark ETAR-exprimierenden Primärtumor (n=10) ebenfalls ETAR-exprimierende Lymphknotenmetastasen (p=0,055).

Diskussion: Unsere Ergebnisse deuten auf eine Bedeutung der ET-Achse und insbesondere von ETAR für die Invasion und Metastasierung beim Mammakarzinom hin. Diese kann in vitro durch den Einsatz eines selektiven ETAR-Antagonisten gehemmt werden. Weitere Studien müssen zeigen, ob dieser potenzielle Angriffspunkt für eine zielgerichtete molekulare Therapie auch in vivo klinische Anwendung finden könnte.