Zentralbl Gynakol 2006; 128 - P1_10
DOI: 10.1055/s-2006-944470

Primitiver neuroektodermaler Tumor des Ovars

P Wimberger 1, M Heubner 1, M Wehling 1, D Nierwetberg 1, S Kasimir-Bauer 1, R Kimmig 1
  • 1Essen

Einleitung: Ein primitiver neuroektodermaler Tumor (PNET) des Ovars ist eine sehr seltene Entität, die zur Familie der hoch malignen Ewing Sarkome gehört. In über 95% der Fälle ist er charakterisiert durch eine Translokation auf Chromosom 22 [t(11;22)]. In der Literatur sind bisher nur vereinzelt Fälle eines PNET mit dem Primarius Ovar beschrieben.

Case Report: Die 18-jährige 0G wurde auswärts notfallmäßig laparotomiert bei akuten Unterbauchschmerzen und Nachweis eines rechtsseitigen, 10×10cm großen Adnextumors. In der endgültigen Histologie zeigte sich ein primitiver neuroektodermaler Tumor des rechten Ovars (ED 07/05). Die Patientin stellte sich in unserem Hause zur Komplettierungsoperation vor. Im Rahmen der Explorativlaparotomie (08/05) konnte bei ausgedehnter Peritonealkarzinose nach Adnexektomie links, Hysterektomie, Omentektomie, Peritonektomie und radikaler pelviner und paraaortaler Lymphonektomie eine makroskopische Tumorfreiheit erzielt werden. Die endgültige Tumorklassifikation lautete FIGO IIIC, pT3c, pN1 (1/101), L1, V1, G3. Der befallene Lymphknoten lag paracaval. Das im Rahmen der Komplettierungsoperation resezierte Gewebe zeigte allerdings keine eindeutigen morphologischen und immunphänotypischen Befunde, wie sie beim PNET typisch sind (im Gegensatz zu den Befunden im rechten Ovar): immunhistochemische Expression von CD99 ohne Nachweis von t(11;22), Synaptophysin und NSE, jedoch fokale Aktin-, teils kräftige CK-18- sowie minimale Vimentin-Expression.

Postoperativ zeigte sich eine tiefe Venenthrombose der V. femoralis communis rechts und der V. iliaca communis rechts. In Anlehnung an das EURO-E.W.I.N.G.99 Protokoll wurde postoperativ eine adjuvante Chemotherapie mit 6 Zyklen „VIDE“ (Vincristin, Etoposid, Doxorubicin, Ifosfamid) von 8–12/2005 verabreicht. Nach 2 Zyklen wurde eine Leukapharese durchgeführt mit Asservation von 8,45×106 CD34+ Zellen/kgKG. Erfreulicherweise zeigte sich Ende 12/2005 bei der Staginguntersuchung mittels PET-CT kein Nachweis einer vitalen Tumormanifestation. In 1/06 wurde ein Zyklus mit Vincristin, Actinomycin D und Ifosfamid („VAI“-Schema) appliziert. Aufgrund der Hochrisiko-Konstellation soll eine Hochdosis-Chemotherapie (Busulfan, Melphalan) mit autologer Blutstammzell-Transplantation durchgeführt werden. Im Anschluss ist dann eine weitere 6-monatige Konsolidierungstherapie geplant. Bislang hat die Patientin die Therapie gut toleriert.

Diskussion: Die Prognose des PNET ist sehr ungünstig. 10–20% aller Patientinnen mit einem primär metastasierten Ewing Tumor erreichen ein krankheitsfreies Intervall von 3 Jahren. Nach Hochdosis- und Konsolidierungstherapie sind bei Patientinnen mit primären Knochen-/Knochenmarksmetastasen 3 Jahresüberlebensraten von bis 35% beschrieben worden.Wir empfehlen daher, möglichst alle Patientinnen mit dieser sehr seltenen Entität im Rahmen eines Studienprotokolls interdisziplinär zu therapieren, um dadurch die Chancen für ein verbessertes Outcome zu erhöhen. Ebenso empfehlen wir, aufgrund der schwierigen Diagnosestellung eine Referenzpathologie durchführen zu lassen.