Zentralbl Gynakol 2006; 128 - P1_2
DOI: 10.1055/s-2006-944462

In vivo-Untersuchungen tumorabhängig replizierender Adenoviren zur Behandlung fortgeschrittener Karzinome

A Menzel 1, K Guse 2, D Rein 1, A Hemminki 2, GJ Bauerschmitz 1
  • 1Düsseldorf
  • 2FIN–Helsinki

Die Gentherapie bietet viel versprechende Perspektiven zur Behandlung von Krebserkrankungen. Der vorliegende Ansatz nutzt den natürlichen intrazellulären Vermehrungszyklus des humanen Adenovirus Serotyp 5 (Ad5) und die damit verbundene Zerstörung der Wirtszelle (onkolytische Virotherapie). Dabei gilt es, Virusreplikation bzw. Zelllyse auf das maligne Zielgewebe zu beschränken und das umgebende gesunde Gewebe sowie lebenswichtige Organe zu schonen. Im Fokus dieser neuen perspektivischen Therapieoption liegen vor allem fortgeschrittene Karzinome mit häufiger disseminierter Metastasierung bzw. schlechter Prognose.

Um das Ziel eines selbstamplifizierenden und gleichzeitig selbstlimitierenden Therapeutikums zu erreichen, kann die virale Replikation z.B. an tumorspezifische genetische Steuerelemente (Promotoren) gekoppelt werden. Zu diesem Zweck wurde eine neue Generation konditional replizierender Adenoviren (CRAds) für die Behandlung des Ovarialkarzinoms konstruiert. Dabei wurden zwei Längenvarianten des humanen Cox2-Promotors in Kombination mit drei unterschiedlichen Formen des viralen „Replikationsgens“ E1A eingesetzt. Durch Mutationen im E1A-Gen kann der virale Vermehrungszyklus an karzinom-typische Signaldefekte gekoppelt werden. Überdies konnte durch genetische Modifikation der Virushülle eine deutliche Erhöhung der Infektionsrate bei Karzinomzellen gezeigt werden.

Ovarialkarzinomzellen, Cox2-negative Zellen und primäre Hepatozyten wurden jeweils mit einem der sechs Cox2-gesteuerten CRAds infiziert. Mittels Zelltoxizitätsassay wurde das onkolytische Potenzial als Anteil überlebender Zellen bestimmt. Die Virusreplikation wurde mittels Real-Time-PCR und einem biologischen Titertest (TCID50) über mehrere Tage nach Infektion verfolgt.

Nach bereits erfolgter umfassender in vitro-Charakterisierung zeigt die vorliegende Studie mittels drei unterschiedlicher in vivo Untersuchungen die Sicherheit und Wirksamkeit der eingesetzten Cox2-CRAds. Zunächst wurde Toxizität und Wirksamkeit der CRAds nach lokaler Virusapplikation in einem Ovarialkarzinom-Mausmodell mit subkutanen Tumoren analysiert. Hierbei zeigte sich ein deutlich geringeres Tumorwachstum bei Mäusen, die mit Ad5/3-Cox2L-Δ24 behandelt worden waren: Dieses Cox-2-Promotor gesteuerte und tropismusmodifizierte CRAd inhibiert das Tumorwachstum in vivo. Tiere, die mit Wildtyp-Virus oder dem isogenetischen Kontrollvirus ohne Cox-2 Promotor Ad5/3-Δ24 behandelt worden waren, hatten ein deutlich höheres Tumorwachstum. In einer zweiten Tierversuchsreihe wurden die Adenoviren intraperitoneal injiziert, um der klinischen Situation einer Ovarialkarzinomerkrankung noch näher zu kommen. Dabei zeigten die Ad5/3-Cox2L-Δ24 behandelten Tiere eine deutlich erhöhte Überlebensrate: durch Einsatz der Cox2-CRAds konnte eine Vervierfachung der Lebenserwartung erreicht werden. Schließlich wurden Ovarialkarzinomzellen in Nacktmäuse subkutan inokuliert und nach Anwachsen des Tumors ein Cox2-CRAd zusammen mit dem isogenetischen, nicht-replikativen Luziferase-Ad appliziert. Auf diese Weise konnte die intratumorale Virusreplikation in vivo sichtbar gemacht werden. Im Vergleich zu Tumoren mit replikationsdefizienten Virus wiesen die koinfizierten Tumoren eine höhere Luziferase-Expression auf.

Zusammenfassend konnten die zuvor in vitro gemessen Daten zur onkolytischen Wirksamkeit der CRAds in drei unabhängigen Mausmodellen bestätigt werden.