Einleitung: Für ein normales Follikelwachstum und eine gute Eizellreifung muss eine ausreichende
Vaskularisierung hinsichtlich des Sauerstoff- und Nährstofftransports im menschlichen
Ovar vorausgesetzt werden. Der reifende Follikel selbst bleibt bis zur Ovulation avaskulär,
was auf regulatorische Mechanismen, die eine vorzeitige Vaskularisierung verhindern,
schließen lässt. Erst mit der Entwicklung des Corpus luteum findet eine intensive
Blutgefäßbildung statt. Dass die Follikelflüssigkeit Substanzen enthält, die die Expression
von endothelialen Genen, welche einen Einfluss auf die Angiogenese haben, regulieren
können, ist bekannt. Allerdings sind die verantwortlichen Mediatoren auf der Transkriptionsebene
noch nicht charakterisiert. Da Transkriptionsfaktoren aus der AP-1-(activator protein-1)Familie
in Follikelwachstum, Zelldifferenzierung und luteale Regression involviert sind, könnten
sie an der Expression von Genen, welche die Angiogenese beeinflussen, mitwirken. Das
Ziel unserer Forschung ist, festzustellen, ob und welche AP-1-Faktoren an der transkriptionellen
Regulation dieser endothelialen Gene beteiligt sein und somit einen Einfluss auf die
Vaskularisierung des Corpus luteum ausüben können.
Material und Methoden: Drei Millionen gepoolte menschliche Endothelzellen aus der Nabelschnurvene wurden
pro 100mm-Zellkulturschale ausgesät. Am nächsten Tag wurde das verbrauchte Kulturmedium
verworfen und durch neues Medium, das mit 30% Follikelflüssigkeit von Frauen, die
sich einer In-vitro-Fertilisation unterzogen, vermischt war, ersetzt. Endothelzellen,
die ohne Zusatz von Follikelflüssigkeit wuchsen, dienten als Kontrolle. Nach vier
Tagen Inkubation wurden die Endothelzellen lysiert und nukleäre als auch zytoplasmatische
Proteine daraus isoliert. Danach wurden die Konzentrationen der AP-1-Faktoren c-Fos,
FosB, Fra-1, Fra-2, JunB, JunD und c-Jun mittels ELISA (enzyme-linked immunosorbent
assay) ermittelt und zwischen stimulierten und unstimulierten Endothelzellen verglichen.
Ergebnisse: Die AP-1-Transkriptionsfaktoren c-Fos, JunB, JunD und c-Jun waren in unstimulierten
Kontrollzellen hauptsächlich im Zellkern zu finden, wohingegen FosB bevorzugt im Zytoplasma
auftrat. Fra-1 und Fra-2 waren jedoch gleichmäßig zwischen beiden Bereichen verteilt.
Die meisten dieser Faktoren zeigten eindeutige Konzentrationsänderungen in Kern und
Zytoplasma zwischen mit Follikelflüssigkeit behandelten menschlichen Endothelzellen
und unbehandelten Kontrollzellen. Im Kern stimulierter Endothelzellen wurden die Faktoren
c-Fos, Fra-1, JunB, JunD und c-Jun signifikant um 30–58% reduziert, während die Konzentrationen
von FosB und Fra-2 signifikant um 214% und 35%, verglichen zu unstimulierten Kontrollzellen,
erhöht wurden. Im Zytoplasma hingegen zeigten c-Fos und Fra-1 signifikante Reduktionen
von 38% und 37% in mit Follikelflüssigkeit behandelten menschlichen Endothelzellen,
wohingegen FosB, JunD und c-Jun signifikante Konzentrationserhöhungen von 50–229%,
im Vergleich zu unbehandelten Kontrollzellen, aufwiesen. Im Gegensatz dazu zeigten
die beiden Transkriptionsfaktoren Fra-2 und JunB im Zytoplasma keine Reaktionen auf
die Stimulation durch Follikelflüssigkeit.
Zusammenfassung: Die gegenwärtige Arbeit zeigt, dass AP-1-Transkriptionsfaktoren signifikante Konzentrationsänderungen
aufweisen, wenn die Endothelzellen mit Follikelflüssigkeit behandelt werden. Von Follikelflüssigkeit
ist bekannt, dass sie die Transkription von endothelialen Genen, welche die Angiogenese
beeinflussen, regulieren kann. Unsere Resultate weisen darauf hin, dass mehrere Mitglieder
der AP-1-Familie in die transkriptionelle Regulation dieser Gene in Endothelzellen
involviert sein und somit die Vaskularisierung des Corpus luteum beeinflussen können.