Zentralbl Gynakol 2006; 128 - FV1_3
DOI: 10.1055/s-2006-944435

Konditional replizierende Adenoviren für die selektive Virotherapie des Mammakarzinoms

I Herrmann 1, A Menzel 1, G Bauerschmitz 1, P Dall 1, D Rein 2
  • 1Lüneburg
  • 2Düsseldorf

Einleitung: Konditional replikative Adenoviren (CRAds) repräsentieren innovative onkolytische Agenzien für die Krebsgentherapie, da sie selektiv in Tumorzellen replizieren und diese effizient lysieren. Um die Gentransferraten von CRAd-Vektoren für Tumorgewebe zu optimieren, werden genetische Modifikationen in die Virushülle (Capsid) eingefügt, die die Bindung des Adenovirus an tumorspezifische Rezeptoren erlauben. Ferner ist die Beschränkung der adenoviralen Replikation auf Tumorzellen essenziell, um topische Nebenwirkungen auf Normalgewebe zu vermeiden. Durch die Insertion eines tumorspezifischen Promotors, der die Expression des frühen adenoviralen E1A-Gens kontrolliert, soll die CRAd-Replikation spezifisch in Tumorzellen erfolgen. Für die CRAd-Therapie des Mammakarzinoms (MaCa) sind insbesondere die Promotoren von Milchproteinen interessant, da diese keine Aktivitäten in lebenswichtigen Organen wie der Leber aufweisen. Ziel dieser Studie war die Entwicklung und Evaluierung eines neuen CRAd-Vektors für die onkolytische Therapie des Mammakarzinoms, der hinsichtlich Effizienz und Spezifität optimiert wurde.

Material und Methoden: Die Infektionseffizienz von wildtypischen (Ad5d24, Ad5Wt) und Capsid-modifizierten CRAds (Ad5d24RGD, Ad5/3d24) wurde im Crystal-Violet-Assay bestimmt. Die Spezifität der Expression des humanen Milchproteins α-Lactalbumin (ALA) wurde mittels Immunohistochemie und Immunoblot untersucht. Die Spezifität der ALA-Promotoraktivität wurde im Luziferase-Reportergen-Assay bestimmt. Zur CRAd-Konstruktion wurde der endogene E1A-Promotor eines 5/3 Fiber-pseudotypisierten Adenovirus durch ein 761bp Fragment des ALA-Promotors ersetzt. Zusätzlich enthielt das resultierende CRAd Ad5/3ALAd24 eine 24bp-Deletion im E1A-Gen, wodurch die adenovirale Replikation in ruhenden Normalgewebszellen verhindert wird. Das onkolytische Potential von Ad5/3ALAd24 wurde in MaCa-Zellen und Kontrollzellen mittels Zytotoxizitäts-Assays analysiert. Die spezifische Replikationseffizienz von Ad5/3ALAd24 wurde im Immunoblot evaluiert.

Ergebnisse: Die Fiber-modifizierten CRAds Ad5d24RGD und Ad5/3d24 waren in MaCa-Zelllinien hinsichtlich ihrer Infektionseffizienz gegenüber CRAds mit Ad5-Capsid (Ad5d24, Ad5Wt) überlegen. Die Infektionseffizienz von Ad5/3d24 war in mammären Normalgewebszellen in Relation zu Ad5d24RGD deutlich reduziert, wodurch das Potenzial 5/3 Fiber-pseudotypisierter Adenoviren für den effizienten und sicheren Gentransfer in MaCa-Zellen belegt wurde. Nachdem die Tumorspezifität des ALA-Promotors nachgewiesen wurde, wurde Ad5/3ALAd24 generiert, indem die transkriptionelle Kontrolle der CRAd-Replikation in einen 5/3 pseudotypisierten CRAd-Vektor integriert wurde. Während Ad5/3ALAd24 deutliche onkolytische Aktivitäten in etablierten MaCa-Linien und klinisch relevanten Primärtumoren zeigte, war die ALA-CRAd induzierte Zytotoxizität in klinisch relevanten Normalgewebszellen der Mamma mit dem nicht-replikativen Kontrollvirus vergleichbar. Die Tumorspezifität von Ad5/3ALAd24 wurde durch die selektive Replikation von Ad5/3ALAd24 in MaCa-Zellen belegt.

Diskussion: Aufgrund der Tumorselektivität verfügt der ALA-Promotor über ein herausragendes Potenzial für die CRAd-Therapie des Mammakarzinoms. Ad5/3ALAd24 induzierte effiziente Zytotoxizitäten in etablierten und primären MaCa, die gegenüber der Ad5-Infektion resistent waren. Durch die Kombination aus 5/3 Pseudotypisierung und transkriptioneller ALA-Promotor-Kontrolle wurde eine effiziente und hochselektive CRAd-Therapie entwickelt, die sich möglicherweise für die disseminierte Tumorerkrankung eignet.