Diabetologie und Stoffwechsel 2006; 1 - A392
DOI: 10.1055/s-2006-944117

Leberglykogenose bei Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ 1: Glykogenspeichererkrankung oder beginnendes Mauriac Syndrom?

M Sindichakis 1, D Dunstheimer 1, R Höfler 1, H Arnholdt 2, PH Heidemann 1
  • 11. Klinik für Kinder und Jugendliche Klinikum Augsburg, Augsburg, Germany
  • 2Institut für Pathologie Klinikum Augsburg, Augsburg, Germany

Einleitung: Mauriac beschrieb 1930 erstmals den Symptomenkomplex Hepatomegalie, Verzögerung von Pubertät und Wachstum, Hyperlipidämie und Hepatopathie bei schlecht eingestelltem Diabetes mellitus. Dieses Vollbild des Mauriac Syndroms wird seit der Verbesserung der Insulintherapie selten in der Literatur beschrieben. Wir berichten über zwei Mädchen mit Hepatomegalie (HM), Transaminasenerhöhung (TA) und kombinierter Hyperlipidämie (HL).

Ergebnis: Patientin (PAT) A (Alter bei Erstmanifestation [EM] 1,5 a) hatte bis zum 12. Lebensjahr (Lj.) eine gute Stoffwechseleinstellung (SE) (HbA1c 6–7,5%), ohne Zeichen einer HM, Wachstumsretardierung oder HL. Ab dem 12. Lj. war ein Anstieg des Insulinbedarfs von 0,8 auf 2 I.E./kg/d bei gleichzeitiger Verschlechterung der SE (HbA1c 12%), einer HL, TA und HM zu beobachten. PAT B (Alter bei EM 10,5 a) hatte seit der EM eine schlechte SE (HbA1c >9%). Sie wurde mit 14 Jahren zur Abklärung einer schmerzhaften HM, TA und HL vorgestellt. Wir führten bei beiden Patienten nach Ausschluss einer Infektion mit hepatotropen Viren, eines alpha 1-Antitrypsinmangels und eines M. Wilson eine Leberbiopsie durch. Es zeigte sich in beiden Leberbiopsaten eine mäßige herdförmige Verfettung und eine massive Glykogenspeicherung in den Hepatocyten. Zum Ausschluss einer Glykogenspeichererkrankung (Glykogen storage disease [GSD]) wurden die Enzymaktivitäten der Phosphorylasekinase (GSD VIII), Phosphorylase b (GSD VI), Amyloglukosidase (GSD III) und der Glukose 6-Phosphatase (GSD Ia) bzw. das Glukose 6-Phosphatasegen bestimmt und waren bei beiden Patientinnen normal. Die GSD Typ Ib und IV wurden nicht untersucht.

Schlussfolgerung: Eine Glykogenspeicherung mit Hepatomegalie und Transaminasenerhöhung wird sehr selten bei Kindern und Jugendlichen mit schlechter Stoffwechseleinstellung und hohem Insulinbedarf beobachtet. Es stellt sich die Frage, ob dieses Phänomen allein durch die Hyperglykämie und den unphysiologisch hohen Insulingaben zu erklären ist, oder ein bislang unbekannter Defekt der Glykogenolyse oder des zellulären Glukosetransportes vorliegt.