Z Geburtshilfe Neonatol 2006; 210 - P187
DOI: 10.1055/s-2006-943360

Kogenitales zentrales Hypoventilationssyndrom mit Darmsymptomatik und Mutation des PHOX2B-Gens

K Genz 1, C Czernik 2, G Fitze 3, S Buttenberg 4, M Obladen 2
  • 1Charité, Berlin
  • 2Charité, Campus Virchow Klinikum, Berlin
  • 3Kinderchirurgie, Dresden
  • 4Lindenhof, Berlin, D

Einleitung: Das kongenitale zentrale Hypoventilationssyndrom ist durch eine abnorme autonome Atmungskontrolle ohne anatomisches Korrelat gekennzeichnet. Dabei ist hauptsächlich die zentrale Chemorezeptorsensitivität gestört. Die Atemantwort des Patienten auf Hypoxie und Hyperkapnie ist typischerweise im Schlaf lebensbedrohend eingeschränkt, kann aber auch im Wachzustand gestört sein. Manifestation des Krankheitsbildes ist bei 90% der betroffenen Patienten am ersten postnatalen Tag. Zu den assoziierten Erkrankungen zählen Morbus Hirschsprung (16–50%), Augenerkrankungen (20%), gastroösophagealer Reflux (25%), Hörstörungen (10%) und neuronale Tumoren (5%). Die Kombination von Hypoventilationssyndrom und Morbus Hirschsprung bezeichnet man als Haddad Syndrom. Ursächlich wird eine Mutation des PHOX2B Genes beschrieben. Therapiemöglichkeiten sind eine Dauerbeatmung über Tracheostoma, Zwerchfellschrittmacher und Maskenbeatmung.

Kasuistik: 30 jährige Mutter G 4, P 2,1 Abort 2000 bei Trisomie 18, 1 Fet intrauterin verstorben bei Triplo-Diplo-Mosaik. Jetzt Spontangeburt eines Knaben nach 39+5 SSW. Unmittelbar nach Geburt zeigt der Säugling unregelmäßige Atmung mit rezidivierenden Apnoen. Bei zunehmender respiratorischer Azidose Intubation in der 2. Lebensstunde. Laborchemisch wie auch radiologisch kein Hinweiß auf Infektion, Stoffwechselerkrankung, pulmonale Fehlbildung und Herzfehlbildung. Im Verlauf weiterhin respiratorische Insuffizienz und Apnoen mit Sättigungsabfällen vor allen in den Schlafphasen, die eine SIMV Beatmung im Intervall erforderten. Mehrere Extubtionsversuche waren erfolglos. Zusätzlich entwickelte der Knabe abdominelle Symptomatik mit Blähungen, Erbrechen, und Obstipation und Diarrhoen im Wechsel. Es gelang der molekulargenetische Nachweiß einer Mutation des PHOX2B Gens. Zusätzlich zeigte sich im RET Protoonkogen prädisponierende Haplotypen für den Morbus Hirschsprung. Es handelt sich hierbei um eine Neumutation. Therapeutisch erfolgte der Versuch einer Maskenbeatmung nach geplanter Extubation, die aufgrund des jungen Alters zu keinen ausreichenden Sauerstoffsättigungen führte. Der Patient wurde stationär auf eine Unterdruckbeatmung während des Schlafes eingestellt, die jetzt auch ambulant durchgeführt wird. Die Rektumbiopsie zeigte keine Aganglionose, doch die beschriebenen abdominellen Probleme bestehen in abgeschwächter Form weiterhin. Heute ist das Kind 1 Jahr alt und entwickelt sich altersentsprechend.

Schlussfolgerung: Der hier beschriebene Patient hat auf Grund seines Symptomenkomplex den Verdacht auf ein Haddad Syndrom. Durch schnelle Sicherung der Diagnose und Sicherstellung einer dauerhaften ausreichenden respiratorischen Situation selbst im häuslichen Bereich hat sich der Patient altersentsprechend gut entwickeln können und weist keine motorischen oder geistigen Defizite auf.