Z Geburtshilfe Neonatol 2006; 210 - P9
DOI: 10.1055/s-2006-943184

Ausgeprägte transiente Hyperammonämie bei einem reifen Neugeborenen ohne bleibende neurologische Defizite

S Brenner 1, A Näke 1, R Schwarze 1, J Dinger 1
  • 1Universitätskinderklinik, Dresden, D

Nach einer ausgeprägten Hyperammonämie besteht ein hohes Risiko für bleibende neurologische Auffälligkeiten. Wir berichten von einem männlichen Frühgeborenen der 34. SSW (Geburtsgewicht 2460g), welches initial durch eine respiratorische Anpassungsstörung auffiel. Nach anfänglicher CPAP-Atemhilfe musste das Frühgeborene am 2. Lebenstag aufgrund eines Pneumothorax und ANS II° intubiert werden, der Pneumothorax wurde drainiert und intratracheal Surfactant verabreicht. Nach Aminosäurezufuhr am 4. Lebenstag verschlechterte sich der Zustand des Patienten dramatisch. Neben erhöhten Entzündungszeichen, zeigten sich massiv erhöhte NH3-Werte bis 3651µmol/l sowie eine Pyruvat-, Lactat- und Transaminasenerhöhung. Dopplersonographisch bestand ein Hirnödem II°. Trotz umgehender Behandlung mit Natriumphenylbutyrat, Natriumbenzoat, Argininhydrochlorid und N-carbamoyl-L-glutaminsäure sanken die NH3-Werte nur zögerlich (<1000µmol/l am zweiten, <100µmol/l am dritten Behandlungstag). Bekannte mögliche Ursachen einer neonatalen Hyperammonämie (Harnstoffzyklusdefekte, organische Azidämien, Hyperammonämie-Hyperornithinämie-Homocitrullinämie Syndrom, Congenitale Hyperinsulinämie, Carnithin Transporter Defekte, Herpes Viren Infektion, Menkes Syndrom, Atmungskettendefekte) konnten ausgeschlossen werden. Ab dem 13. Lebenstag lagen die NH3-Werte trotz Nahrungssteigerung und anschließender Normalkost im Normbereich. Auch Proteinbelastungsteste im weiteren Verlauf zeigten Normwerte, so dass von einer transienten neonatalen Hyperammonämie unklarer Genese ausgegangen werden muss. Kontroll-EEG und -Schädelsonographien zeigten keine wesentlichen Auffälligkeiten. Im weiteren Verlauf gedieh der Patient und entwickelte sich bis heute (2 Jahre) neurologisch altersentsprechend. Der hier beschriebene Verlauf ist insbesondere bemerkenswert, da sich der Junge trotz massiv erhöhter NH3-Werte bis heute altersgerecht neurologisch entwickelt hat. Bei zugrunde liegendem Harnstoffzyklusdefekt hingegen wären neurologische Defizite nach beschriebener Ammoniakbelastung zu erwarten. Warum dagegen eine neonatale Hyperammonämie mit teils mildem oder sogar unauffälligem neurologischen Outcome einhergeht bleibt unklar.