Rofo 2006; 178 - FO_PO_16
DOI: 10.1055/s-2006-941168

Intrakranielle neurenterische Zysten – seltene MRT-Befunde mit typischer Signalcharakteristik

S Prothmann 1, T Kahn 1, JP Schneider 1
  • 1Universitätsklinikum Leipzig AöR, Klinik und Poliklinik für Diagnostische Radiologie, Leipzig

Neurenterische (synon.: enterogene) Zysten sind seltene kongenitale, extraaxiale, mittelliniennahe, meist ventral gelegene Strukturen mit typischer MR-Signalcharakteristik. Sie entstehen als Resultat einer Separationsstörung der Notochorda und des oberen Gastrointestinaltraktes und sind deshalb gelegentlich als Raumforderungen im hinteren Mediastinum anzutreffen. Im Bereich der Neuroachse finden sie sich hauptsächlich im thorakalen und cervikalen Spinalkanal, wogegen intrakranielle Zysten sehr selten und hier meist in der hinteren Schädelgrube lokalisiert sind. Im eigenen Krankengut konnten drei neurenterische Zysten diagnostiziert werden, weltweit wurden nur ca. 35 Fälle publiziert. Histologisch sind die Zysten mit charakteristischem Zylinderepithel ausgekleidet. Intracranielle neurenterische Zysten finden sich meist ventral des Hirnstammes und weisen typische MRT-Merkmale auf: gering bis intermedär signalintens in T1w, sehr signalreich in T2w, kein KM-Enhancement, kein erhöhtes Signal in der Diffusionswichtung. Die Zysten können als kleine Zufallsbefunde oder als große Raumforderungen mit entsprechender Klinik im MRT auffallen. Es können verschiedenste Hirnnerven- und Hirnstammsymptome verursacht werden, große Zysten können sogar einen Okklusivhydrocephalus hervorrufen. Die Therapie besteht bei raumfordernden Zysten mit entsprechenden neurologischen Symptomen in der Evakuation des Zysteninhaltes und einer möglichst kompletten Marsupialisation der Zystenwand; Rezidive sind selten. Bei geringen Symptomen oder bei zufällig entdeckten Zysten ist eine konservative Herangehensweise mit Verlaufskontrollen in größeren Abständen geboten. Differentialdiagnostisch kommen die wesentlich häufigeren Arachnoidalzysten in Betracht, die jedoch kein erhöhtes Signal in T1w aufweisen. Epidermoide lassen sich durch die nahezu pathognomonische Signalsteigerung in der Diffusionswichtung meist sicher abgrenzen.

Lernziele:

Intrakranielle neurenterische Zysten sind seltene extraaxiale kongenitale Raumforderungen, die meist mittelliniennah ventral des Hirnstammes lokalisiert sind und bei entsprechender Größe eine Vielfalt neurologischer Symptome hervorrufen können. Sie zeigen oft eine typische MR-Signalcharakteristik: mäßig signalintens in T1w, sehr signalreich in T2w, kein KM-Enhancement. Die wichtigste Differentialdiagnose ist die Arachnoidalzyste, die jedoch kein erhöhtes Signal in T1w aufweist.

Korrespondierender Autor: Prothmann S

Universitätsklinikum Leipzig AöR, Klinik und Poliklinik für Diagnostische Radiologie, Liebigstraße 20, 04103 Leipzig

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