ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2006; 115(3): 63
DOI: 10.1055/s-2006-939539
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Spiel es noch einmal, ...

Cornelia Gins
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
22. März 2006 (online)

Nicht Sam, nicht Humphrey Bogart, auch nicht Ingrid Bergmann in Casablanca vor 50 Jahren - wir sind mitten im aktuellen Leben. Stellen Sie sich vor, Sie hätten die Möglichkeit, Ihr bis dato geführtes Leben noch einmal leben zu können. Selbstverständlich unter Berücksichtigung der heutigen Erfahrungen. Alle getroffenen Entscheidungen noch einmal überdenken und gegebenenfalls korrigieren zu können. Natürlich ein abwegiger Gedanke für normale Menschen wie uns. Allerdings nicht für Künstler: Der Maler Georg Baselitz hat angekündigt, er wolle alle seine Meisterwerke noch einmal malen. Zum einen möchte er testen, ob er auch noch im reifen Alter zu derartigen künstlerischen Höhenflügen in der Lage ist. Zum anderen möchte er den Pinsel gern das korrigieren lassen, was seinerzeit nicht optimal gelungen ist.

Baselitz ist vor allem dadurch bekannt geworden, dass seine Bilder auf dem Kopf hängen. Unsicheren Quellen ist zu entnehmen, dass der Meister selbst irrtümlich die Öse auf die falsche Rahmenleiste genagelt hat. Im Nachhinein erst soll diese plötzlich entstandene Tatsache zum künstlerischen Prinzip erhoben worden sein. Im Spekulativen bleibt vorerst also, ob der Künstler auch diesbezüglich andere Maßstäbe an seine Kunst anlegen wird. In jedem Fall wird wohl ein Aufschrei durch die Gemeinde der Kunstfreunde und Sammler gehen, wenn die Bilder plötzlich den Haken an einer anderen Stelle haben.

Im Lichte seiner Lebenserfahrung die Scharten auswetzen zu können - auf den ersten Blick wahrlich eine phantastische Idee. Die Möglichkeit, mit einem Pinselstrich Entscheidungen im Berufs- oder Privatleben einfach korrigieren zu können - genial. Wie viele Kollegen würden sich beispielsweise noch einmal für das Studium der Zahnheilkunde entscheiden, oder für den gleichen Ehepartner?

Auf den 2. Blick bin ich dann doch dankbar, dass ich kein Künstler bin und nie in die Situation kommen werde, mein Lebenswerk noch einmal wiederholen zu können. Es ist gut so, dass es kein Hintertürchen gibt und wir uns so vor der Verantwortung für unsere Entscheidungen drücken können. Manches ist vielleicht nicht so optimal gelaufen wie gedacht, dafür ist oft etwas anderes Gutes entstanden. Es kommt eben immer auf den Betrachtungswinkel an.

Spiel es noch einmal, Sam! - Ja, aber nur im Kino.

Dr. med. dent. Cornelia Gins

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