Endoskopie heute 2006; 19 - P51
DOI: 10.1055/s-2006-939414

Einfluss der Kapselendoskopie auf Diagnosestellung, Therapie und Langzeitverlauf bei Patienten mit obskurer gastrointestinaler Blutung

JG Albert 1, HH Nietsch 1, L Hahn 1, D Heinig 1, D Kauert 1, K Schoppmeyer 1, H Porst 1, R Lorenz 1, M Plauth 1, K Caca 1, WE Fleig 1
  • 1Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I

Einleitung: Die Kapselendoskopie (KE) ist den konventionellen radiologischen und endoskopischen Untersuchungsmethoden im Nachweis einer Blutungsquelle im Dünndarm überlegen. Der Effekt der Diagnostik auf den Langzeit-Verlauf bei Patienten mit einer obskuren gastro-intestinalen Blutung (OIB, Gastroskopie und Koloskopie negativ) ist allerdings offen.

Methodik: Patienten, die in einem von fünf Studienzentren wegen einer OIB 12/02 bis 12/04 mit der KE untersucht wurden, sind in dieser Kohortenstudie prospektiv beobachtet worden. Von 299 identifizerten Untersuchungen bei 291 Patienten wurden 293 eingeschlossen. Das Follow-up war in 246 Fällen (84.0%) möglich (20.58±9.38 Monate). 26 dieser Patienten verstarben im Verlauf, in einem Fall nach Dünndarm- Resektion bei Angiodysplasien.

Ergebnisse: Eine Blutungsquelle wurde in 224 Fällen identifiziert (76.5%). Die KE war diagnoserelevant in 177 (79.0%) Fällen, in 47 Fällen (21%) führten zusätzliche oder Wiederholungsuntersuchungen zur Diagnose. Für ein Rezidiv waren prädiktiv: die Diagnose „Angiodysplasie“ (RR=6.64; p<0.01), ein Alter über 60 Jahre (RR=2.87; p<0.01), eine Therapie mit Antikoagulanzien (RR=2.65; p<0.01), und frühere Blutungsereignisse (RR=2.90; p<0.01). Auch wenn aufgrund einer Komorbidität keine Therapie erfolgen konnte, kam es signifikant häufiger zu Rezidiven (RR=2.5, p<0.02) als wenn Ursache für Unterbleiben einer Therapie die nicht-nachgewiesene Blutungsquelle (RR=0.65; p<0.02) oder unklare/Minimalbefunde (RR=0.34; p<0.02) waren. Keine der Rezidivblutungen war letal. Durch Therapiemaßnahmen war eine relative Risikoreduktion (Rezidivblutung) zu erzielen: Resektion (vorwiegend Tumore und Meckel-Divertikel) RR=0.176, p<0.001; Endoskopische Therapie (vorwiegend Koagulation von Angiodysplasien) RR=0.573 (falls alle entdeckten Läsionen behandelt worden waren; Endoskopie gesamt RR=2.59), Umstellung der Medikamente RR=0.874.

Diskussion: Bekannt ist, dass eine frühzeitige KE häufiger diagnoserelevant ist und dann häufiger die Therapie beeinflusst, und dass klinische Faktoren das Management und den Verlauf beeinflussen. Neu ist, welche Faktoren relevant für die Rezidivblutung sind: therapeutisch nicht erreichbare Angiodysplasien, Alter, Antikoagulation, Komorbidität. Umgekehrt folgt aus einer negativen KE eine signifikante Risikoreduktion für eine Rezidivblutung und aus gezielt zu behandelnden Befunden (Tumore, Meckel) eine rezidivfreie Nachbeobachtungszeit.

Folgerungen: Die Diagnose in der KE nimmt entscheidenden Einfluss auf das therapeutische Management und bestimmt die Prognose.