Allgemeine Homöopathische Zeitung 1962; 207(7): 399-417
DOI: 10.1055/s-2006-935115
Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co KG, Stuttgart

Altes und Neues über Jod und Fluor

Julius Mezger
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
13. April 2007 (online)

Zusammenfassung

Es wird eine Gegenüberstellung der beiden am meisten gebrauchten Halogene Jod und Fluor unternommen. Die Verwendung von Jod beim Hyperthyreoidismus ist den Homöopathen ohne weiteres zugänglich durch die jedem Arzt geläufige Erfahrung bei Überdosierung mit Jod-Präparaten und mit Thyreoidin. Es wird die Frage untersucht, ob es berechtigt ist, in Jod ein Arzneimittel zu sehen, das einseitig und ausschließlich nur bei Wärmegefühlen und Stoffwechselsteigerung in Frage kommt, wie dies im allgemeinen in der Homöopathie der Fall ist. Entgegen dieser Anschauung vertritt der Verfasser die Ansicht, daß auch der Gegenpol dieser Arzneireizwirkung, nämlich das Gefühl von Frostigkeit und Kältegefühlen, nicht nur in den toxikologischen Beobachtungen zu erkennen, sondern auch in der Anwendung am Kranken von großer Bedeutung ist. Besonders beim lymphatischen Typ, zu dessen Eigenart Frostigkeit gehört, kommt Jod sehr große Bedeutung zu, und es ist gerade die Frostigkeit, welche als ein zu dieser Verordnung führendes Symptom gelten kann. Es wird die Ansicht vertreten, daß das überwiegende Hervortreten von Hitzegefühlen im Arzneimittelbild dem Umstand zuzuschreiben ist, daß dieses fast ausschließlich auf toxikologischen Beobachtungen und nicht auf feindosierten Arzneimittelprüfungen aufgebaut ist. Ein weiteres Anwendungsgebiet von Jod, das sich auf Modalität der Verschlimmerung bei leerem Magen stützt, ist der Gebrauch von Jod bei Erkrankungen des Lebergallensystems, der Bauchspeicheldrüse und des Magens, bei denen Jod und Jod-Präparate mit größtem Nutzen verordnet werden können. Bei rheumatischen Prozessen hat Jod die Verschlimmerung bei Kälte und am frühen Morgen sowie in der Ruhe und die Besserung bei fortgesetzter Bewegung. Unser seitheriges Jod-Bild enthält keine Zeitgebundenheit, obwohl man eine solche bei vorwiegend dem Sympathicus zugeordneten Arzneimitteln vermuten könnte. Verfasser ist der Ansicht, daß Jod die Modalität der Verschlimmerung am frühen Morgen, der Zeit des Anlaufens vermehrter Sympathicuserregung, zukommt. Er kann sich dabei auch auf seine AMP mit der jodhaltigen Hedera stützen, welche einen reichlichen Jodgehalt besitzt. Die außerordentliche Ähnlichkeit des Fluor-Bildes, die sich aus den in der Homöopathie gebräuchlichen Fluor-Präparaten entwickeln läßt, kann mit demjenigen von Jod in der Art umschrieben werden, daß Fluor einer abgemilderten und weniger stürmischen Jod-Wirkung entspricht. Es kommt daher oft in Frage, wenn bei einschlägigen Krankheiten (z. B. Lymphatismus, Hyperthyreose, Kollagenosen) zuerst Jod angezeigt und gegeben wurde, und dann ein Stillstand eingetreten ist. Die Ähnlichkeit erstreck* sich auf die Modalitäten. Beim Lymphatismus, bei Strumen mit und ohne Hyperthyreose und beim Formenkreis der rheumatischen Erkrankungen besitzt Fluor große Bedeutung.

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