Zusammenfassung
Die Antwort auf die Frage: "Wie wirkt eine Arznei und was heilt in einem spezifisch
gelagerten Krankheitsfall?" ist also durch das Placebo mit all seinen Fähigkeiten,
die in ihm stecken, wesentlich komplizierter geworden. Die Pharmakologie war sich
zwar immer bewußt, daß das Tierexperiment trotz seiner Eignung für die Begründung
therapeutischer Erfolgsmöglichkeiten in seinen Ergebnissen nur bedingt auf die Verhältnisse
des Menschen übertragbar ist, da sich die Situation des einzelnen Kranken nicht am
Tier reproduzieren läßt. Erst die intensive Beschäftigung mit dem Placebo hat uns
aber Gewißheit verschafft, daß es nicht genügt, die physikalisch-chemische Wirkursächlichkeit
und -Wahrscheinlichkeit zu erforschen, um festzustellen, was den Arzneistoffen Heilkraft
gibt. Insofern vermittelt das Placebo, das sich des Menschen als Objekt für Experimente
bedient, um die Natur zu einer Antwort zu zwingen, fraglos eine vollkommenere Einsicht
in die Kräfte der Arznei als der Tierversuch. Pharmakologie und Placebo gehören somit
zusammen, weil sie, gemeinsam verwandt, für die Analyse von Arzneimitteleffekten einwandfreiere
wissenschaftliche Informationen liefern, und es dem Placebo zu danken ist, daß auch
die Wirkzusammenhänge und Ordnungen zwischen Psyche und Heilkraft der Arznei aufgetan
und forschend anzugehen sind.