Pneumologie 2006; 60 - V9
DOI: 10.1055/s-2006-934025

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung ist eine multikausale Infektionskrankheit

D Theegarten 1, O Anhenn 1, G Rohde 2
  • 1Institut für Pathologie, Ruhr-Universität Bochum, BG-Kliniken Bergmannsheil
  • 2Medizinische Klinik III, BG-Kliniken Bergmannsheil

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) wird bisher vor allem über die Einschränkung des Atemgasflusses definiert. In aktuellen Untersuchungen wird zunehmend die Relevanz von Infektionen für den Krankheitsverlauf deutlich. Neben den monokausalen werden multikausale Infektionskrankheiten definiert, bei denen das Zusammentreffen mehrerer abiotischer und biotischer Faktoren zur Erkrankung führt. Die Existenz derartiger Krankheiten wird bisher insbesondere in der Veterinärmedizin betont. Als wichtigster abiotischer Faktor ist bei der COPD das Zigarettenrauchen aufzufassen, welches nur selten fehlt. Akute virale und bakterielle Infektionen können unter Umständen schwere Exazerbationen bedingen, die wiederum die pathologischen Veränderungen in den Atemwegen aggravieren (Rohde et al., Thorax 2003; 58: 37–42). Das Zigarettenrauchen führt unter anderem zu einer Aktivierung von Makrophagen mit vermehrter Bildung proinflammatorischer Zytokine und gewebsdestruierender Proteasen sowie einer verminderten Phagozytosefähigkeit und somit zu einer Veränderung der immunologischen Reagibilität. Vor allem im Endstadium der Erkrankung mit vorherrschendem Lungenemphysem können persistierende Chlamydien-Infektionen unter diesen Bedingungen reaktiviert werden und zu einer sich ausbreitenden Infektion führen, welche schwer beherrschbar wird (Theegarten et al., BMC Infect Dis 2004; 4: 38). Dies stellt einen Faktor bei der Entwicklung der pulmonalen Kachexie dar. Die COPD kann daher als multikausale Infektionskrankheit eingeordnet und definiert werden.