ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2006; 115(1/02): 17-24
DOI: 10.1055/s-2006-933324
CME-Beitrag
Zahnerhaltung
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Dentale Erosionen

H. Michel
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Publication Date:
16 February 2006 (online)

Lernziele

Kenntnis des aktuellen Wissensstandes zu erosiv bedingten Zahnhartsubstanz-Defekten, Kenntnis von Möglichkeiten der Prävention und Therapie dentaler Erosionen.

Zahnhartsubstanz-Defekte durch erosive Veränderungen an Schmelz und Dentin sind Folgen von Demineralisierungsprozessen durch die Einwirkung von Säuren ohne Beteiligung von Mikroorganismen. Insbesondere neue Ernährungsgewohnheiten, wie der Konsum von zucker- und säurehaltigen Softdrinks, haben einen großen Anteil am vermehrt zu beobachtenden Phänomen der dentalen Erosionen. Der Beitrag soll einen Überblick über alle Aspekte im Zusammenhang mit erosiven Erscheinungen an Zähnen geben.

Ätiologie, Epidemiologie, Prophylaxe und Therapie von Zahnerosionen sind neue Herausforderungen für die zahnmedizinische Wissenschaft und die zahnärztliche Praxis. Dabei kommt der Unterscheidung von Erosionen, Abrasionen und Attritionen eine große Bedeutung zu.

Nach einer Definition von Pindborg [1] und Eccles [2] ist eine dentale Erosion der Verlust von Zahnhartsubstanz infolge chemischer Prozesse ohne bakterielle Beteiligung. Imfeld [3] definiert Erosionen als irreversiblen, meist schmerzlosen Verlust der Zahnhartsubstanz, der durch chemische Prozesse ausgelöst wurde. Diese Vorgänge entstehen durch Entmineralisierung oder Chelatbindung ohne die Beteiligung von Mikroorganismen. Lussi [4] definiert: „Erosionen sind chemisch induzierte irreversible Zahnhartsubstanz-Verluste ohne Einfluss von Mikroorganismen, die zunächst im Schmelz beginnen und bei fortschreitender Demineralisation bis in das Dentin reichen und dadurch die schmerzhaften Hypersensibilitäten erzeugen.”

Die pathologischen, chronischen Zahnhartsubstanz-Verluste durch Säuren gehören zu den nicht kariesbedingten destruktiven Prozessen an Schmelz, Dentin und Zement. Weitere beeinflussende Faktoren sind Pufferkapazität und Fließrate des Speichels, das Mundhöhlenmilieu, die Pellikelschicht sowie das Mundhygieneverhalten und die Zahnanatomie. Da diese biochemischen Vorgänge schmerzfrei ablaufen, werden sie von Patienten in der Regel erst wahrgenommen, wenn deutliche Zahnhartsubstanz-Verluste nicht mehr zu übersehen sind.

Im Unterschied zur Erosion ist Attrition ein Schmelzverlust auf der Kaufläche durch direkten Antagonistenkontakt. Die Attrition manifestiert sich als Schlifffläche. Unter Abrasion versteht man die Abnutzung der Zahnhartsubstanz durch körperfremde Substanzen wie Nahrung oder Gegenstände, aber auch durch Zahnpasta bei der Mundhygiene. Erosionsabrasion entsteht durch die Kombination der Einwirkung von Säuren mit anschließender Abrasion.

Literatur

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