DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 2006; 4(01): 36
DOI: 10.1055/s-2006-932431
Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

Der 8. Internationale Kongress des VOD

Caroline Penn
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Publication Date:
06 December 2006 (online)

Über 200 Osteopathen trafen sich in dem wunderschönen Kurort Schlangenbad bei Wiesbaden zum alljährlichen Kongress. Für mich war dies in diesem Jahr der zweite Osteopathie-Kongress außerhalb Großbritanniens und er zeigte mir klar, mit wie viel Energie und Einsatz die Entwicklung der Osteopathie in Deutschland vorangetrieben wird.

Am Kongress nahmen u.a. teil Dr. James McGovern, Präsident der A.T. Still University in Kirksville, und seine Frau Rene. Ihre Beiträge regten zum Nachdenken über unsere osteopathischen und wissenschaftlichen Wurzeln an. Begleitet wurden sie von Jason Haxton, dem Direktor des Still National Osteopathic Museum, der eine inspirierende Ausstellung alter osteopathischer Texte zeigte. Rene McGovern sprach über EBM und einen „Fahrplan zur klinischen Entscheidungsfindung”, der sich auf die Erfahrungen mit dem staatlich finanzierten Programm „Elderlynk” zur hausärztlichen Versorgung älterer Menschen stützt. Sie betonte die Rolle der Osteopathen als klinische Wissenschaftler, die einen wichtigen Beitrag zum Thema der unausweichlichen globalen Alterung liefern könnten.

Das Thema Forschung zog sich durch den ganzen Kongress. Dr. Michael Patterson trug vor, dass die Osteopathie eigentlich zwingend ihre eigenen Forschungsmodelle entwickeln sollte. Der für die allopathisch-reduktionistische Philosophie geeignete standardmäßige doppelblinde, randomisierte klinische Versuch wird heute als ungeeignet für das holistische osteopathische Modell angesehen. Er ermutigte zu mehr Einzelfallstudien und lud uns ein, auf der Website: www.osteopathicresearch.org unveröffentlichte Forschungsergebnisse aus der Osteopathie nachzulesen.

Professor Rainer Breul von der Anatomischen Anstalt der LMU München hielt einen Vortrag zur Anatomie der Hüfte. Er referierte, dass Peritonealhernien superior oder inferior des M. piriformis recht häufig seien und wies auf die Bedeutung von Differenzialdiagnosen hin.

Renzo Molinari D.O. konzentrierte sich auf Geburtshilfe und Gynäkologie. Was passiert während der Schwangerschaft mit den Eingeweiden, wenn der Uterus sich ausdehnt? Wie erzeugt die Hüfte eine mechanische Unterstützung, die es den Ossa ilia erlauben, nach außen schwingen, um dem expandierenden Beckeninhalt Raum zu verschaffen, etc.? Klinische Beispiele verdeutlichten den Zusammenhang zwischen dem Foramen obturatorium und der Blase.

Dr. Harry Friedman griff den funktionalen Ansatz von Dr. William Johnson am Beispiel des Brustkorbs auf und sagte, dass „das konzeptionelle Bezugssystem, in dem wir uns als Studenten entwickeln, uns daran hindert, völlig offen für das zu sein, was die Gesamtkörperfunktion aufzeigen kann.”

Dieses Thema griff auch der britische Referent Nicholas Handoll, D.O., hervorragend in seinem Vortrag „Die Anatomie der Potency” auf. Er hinterfragte unser gegenwärtiges Konzept der Wirklichkeit und erläuterte, wie unser einengendes, konzeptionelles Bezugssystem die Entwicklung unserer palpatorischen Fähigkeiten behindern kann. Die meisten von uns konnten die von ihm anhand von Alltagsbeispielen anschaulich dargestellten quantenphysikalischen Aspekte gut genug begreifen und von den praktischen Übungen profitieren.

Ein weiteres Aha-Erlebnis bot Jane Stark, D.O., eine Expertin für A.T. Still. Anhand von zahlreichen Zitaten legte sie dar, dass uns meist der Kontext fehlt, um Stills Schriften hinreichend zu begreifen. Wir können seine Osteopathie nicht wirklich verstehen, wenn wir nicht auch den Menschen Still begreifen, wozu wir uns mit seiner Philosophie beschäftigen und einen Blick auf die Zeit werfen müssen, in der er lebte.