Ultraschall Med 2006; 27(3): 217-219
DOI: 10.1055/s-2006-926825
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zur Qualität der Oberbauchsonographie

Quality of Abdominal UltrasoundK. Seitz1
  • 1Innere Abteilung, Kreiskrankenhaus Sigmaringen
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Publication Date:
26 May 2006 (online)

deutsch

Publikationen zur Qualität der Ultraschalldiagnostik bzw. ihrer diagnostischen Ergiebigkeit und Zuverlässigkeit hinsichtlich richtig positiver und falsch negativer Befunde haben in dieser Zeitschrift immer besondere Beachtung gefunden. Die Variablen der Qualität der Ultraschalldiagnostik sind bekannt, auf der technischen Seite sind die verwendete Gerätetechnologie [1] [2] [3] und die Kontrolle deren technischer Konstanz von Wichtigkeit [4] [5]. Auf der Anwenderseite ist im deutschsprachigen Raum die ärztliche Erfahrung sowohl in klinischer als auch in sonographischer Hinsicht von hoher Bedeutung [6]. Vertrautheit mit der Methode und dem Ultraschallgerät, sowie Geschicklichkeit bei der Untersuchung, werden leicht zum limitierenden Faktor, der von der sonographischen Ausbildung bestimmt wird [7] [8] [9] [10]. Qualitätssichernde Maßnahmen sind sicherlich hilfreich, doch leider mit zusätzlichem bürokratischen Aufwand verbunden [11] [12] [13].

Letztlich ist bei uns der klinische Anwender für das Endergebnis verantwortlich, da er dieses mit seinem Wissen in Makropathologie, der Kenntnis der Vorgeschichte des Patienten, der Indikationsstellung zur Untersuchung und der kritischen Bewertung des sonographischen Untersuchungsergebnisses bestimmt. Wir sehen daher in der Sonographie nicht nur ein bildgebendes Verfahren, sondern bezeichnen diese Verbindung als „Klinische Sonographie”, da man so nach unserem Verständnis das Optimum aus dem Verfahren herausholen kann. Die „Klinische Sonographie” hat einen hohen Stellenwert, ihre Qualität darf nicht dem Zufall überlassen bleiben.

Die DEGUM (Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin) hat daher trotz fehlender Amortisation hochwertiger Ultraschallgeräte [14] abhängig von der Gerätetechnik und dem Ausbildungsstand ein Mehrstufenmodell für die Oberbauchsonographie erstellt [15], dessen Berechtigung es zu beweisen gilt. Erstmals erscheint mit der Publikation von Heese und Görg [16] eine Arbeit zur Ergebnisqualität der Ultraschalldiagnostik, die sich strikt an diesem Mehrstufenmodell orientiert. Natürlich lassen sich nicht alle vorhandenen Probleme mit einer einzigen Studie anhand von 183 Fällen mit gesicherten Diagnosen lösen. Klar zeigt sich eine Beziehung zwischen der Anzahl der richtig gestellten Diagnosen in Relation zur Untersuchungserfahrung. Gegenüber 94,5 % richtiger Diagnosen beim Stufe-3-Referenzuntersucher, lagen die Quoten in der Stufe 2 für den DEGUM-Ausbilder bei etwa 60 % und in der Stufe 1 bei 38,8 %. Der Einfluss der Gerätetechnik war bei ausschließlicher Verwendung von High-End-Geräten ausgeschaltet. Bemerkenswert ist der große Unterschied richtiger Ergebnisse für Stufe 2 und 3, hatte doch das Mehrstufenkonzept der DEGUM den Unterschied dieser Qualifikationsstufen ausschließlich in der zusätzlichen wissenschaftlichen Qualifikation definiert. Die Stufe 1, die sich in ihren Qualitätsanforderungen an den Richtlinien der Kassenärztlichen Vereinigung orientiert (Mindestanzahl 400 Untersuchungen) war mit speziell ausgebildeten Assistenzärzten mit 1- bis 4-jähriger Ultraschallerfahrung und durchschnittlich 1000 Untersuchungen pro Jahr qualitativ gut besetzt, dennoch zeigte sich zwischen deren Treffsicherheit kein nennenswerter Unterschied. Vermutlich ist die Fallzahl zu klein, um etwas über die Lernkurve der Untersucher aussagen zu können. Da die Referenzsonographie von den Erstuntersuchern angefordert wurde, enthält die Studie naturgemäß einen Bias: Wie steht es mit der Fehlerquote bei nicht erkannten diagnostischen Problemen, oder anders gefragt, wie viele falsch positiven und falsch negativen Ergebnisse wurden bei nicht kontrollierten Sonographien gemacht? Eine ähnliche Studie [17] zur Fehlerhäufigkeit weniger erfahrener CT-Untersucher ergab bei 331 Patienten fehlerhafte Diagnosen in 21,5 %, davon waren 69,5 % falsch negative Befunde. Dies scheint das verbreitete Vorurteil zu belegen, dass die Sonographie ein in besonderem Maße subjektives Verfahren ist, obwohl es erkennbar für alle bildgebenden Methoden zutrifft. Da ist es doch tröstlich, wenn in einem gar nicht so geringen Prozentsatz mit tragbaren Ultraschallgeräten CT-Fehldiagnosen vermieden werden können [18].

Die Durchschnittsqualität der Ultraschalldiagnostik Stufe 1 sieht möglicherweise in der Realität anders aus, denn die durchschnittliche ambulante Oberbauchsonographie wird mit technisch einfachen, teils mehr als 10 Jahre alten Geräten durchgeführt, und ob die Durchschnittsuntersucher den Ausbildungsstand der Assistenten der renommierten Marburger Ultraschallabteilung aufweisen, ist nicht zu klären. So ist es nicht verwunderlich, dass die Sonographie in einer Berliner Studie zur Nachsorge von kolorektalen Karzinomen katastrophal schlecht abschneidet [19].

Es ist klar, dass die Qualität der Geräte [2] [3] [20] [21] und insbesondere die Erfahrung der Untersucher [16] [22] zu unterschiedlicher Ergebnisqualität führen. Wir brauchen in erster Linie eine Verbesserung der Ausbildung - die jüngst verabschiedete und in den meisten Bundesländern umgesetzte Änderung der Weiterbildungsordnung für das Fach Innere Medizin lässt eine Verschlechterung befürchten -, und wir brauchen rasch sinnvolle Regeln, wer mit welchem Gerät was qualifiziert untersuchen kann. Selbstverständlich gehören eine ergebnisorientierte einfache Qualitätskontrolle und leistungsgerechte Abrechnungsmöglichkeit dazu. Um dies zu erreichen, benötigen wir weitere wissenschaftliche Studien, die sich mit allen Facetten der Qualität der Ultraschalldiagnostik befassen.

english

Publications concerning the quality of ultrasound diagnostics and its diagnostic yield and reliability in respect to true positive or false negative results have always found special consideration in this journal. The variables defining quality in ultrasound are well known, and, on the technical side, technology of apparatus [1] [2] [3] and control of their technical constancy and stability [4] [5] are important. Concerning the ultrasound examiner, medical experience in the clinical and sonographic fields is of utmost importance in the German-speaking part of the world [6]. The degree of familiarity with the method and apparatus as well as expertise in examination technique can easily represent a limiting factor being influenced by the quality of ultrasound training [7] [8] [9] [10]. Quality management can most certainly be helpful, albeit leading to an increase in bureaucracy [11] [12] [13].

Ultimately, the clinical examiner is responsible for the final result, which is determined by his knowledge of macro-pathology, of the patient’s history, the clinical indication for the examination and his critical evaluation of the ultrasound findings. We therefore view sonography not just as an imaging modality, but define this general approach as “Clinical Sonography”, which, to our understanding, carries the potential of providing an optimal result. “Clinical “Sonography” is of great significance, and its quality must not be left to chance.

DEGUM (Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin), the German ultrasound association, has therefore drawn up a multi-level model for ultrasound examinations of the abdomen, which takes into account the technical standard of the apparatus and the expertise of the examiner, keeping in mind that high quality ultrasound machines never pay off [14]. The justification for the application of this model still needs to be proven. The publication of Heese and Görg [16] is the first to examine the quality of ultrasound results strictly on the basis of this multi-level model. It is self-evident that not all existing problems can be solved by a single study of 183 cases with a verified diagnosis. It is apparent, though, that there is a stringent relationship between the number of correct diagnoses and the experience of the examiner. The number of 94.5 % correct diagnoses by level 3 reference-examiners is countered by 60 % for level 2 DEGUM trainers and 38.8 % on level 1. Technical standard of the ultrasound appliances played no role, as all examinations were carried out with high-end apparatus. It is remarkable that there is such a great difference between correct results on level 2 and 3, as the difference between these levels, as defined by the DEGUM multi-level concept, lies solely in the examiner’s superior scientific qualification. Level 1, which corresponds to the quality requirements of the “Kassenärztlichen Vereinigungen” (a minimum of 400 examinations) consisted of specially trained physicians with 1 to 4 years of experience in clinical sonography carrying out an average of 1000 examinations per year, and was therefore well staffed. Nevertheless, there was no significant difference in their diagnostic ability. The number of cases might be too low to allow conclusions about the examiner’s learning curve. As the reference ultrasound examination was requested by the clinicians performing the initial scanning procedure, this study carries an in-built bias, of course: what about the number of incorrect results in the case of unrecognised diagnostic problems, or, rather, how many false positive or false negative results were produced by examinations not subject to control? A similar study [17] on the error rate of less experienced CT examiners yielded a rate of 21.5 % incorrect diagnoses in 331 patients, 69.5 % of these being false negative results. This seems to underline the common prejudice against sonography representing a particularly subjective technique, even though this is clearly the case with any imaging modality. Some consolation might be gained from the fact that an incorrect diagnosis by CT can be avoided by ultrasound examinations with portable appliances in a considerable number of cases [18].

The average quality of level 1 ultrasound diagnostics might be a different issue, as the average out-patient sonography is carried out with technically basic ultrasound machines, often more than 10 years of age. It also is certainly doubtful whether the average examiner matches the standard of doctors working in the renowned ultrasound department of the University of Marburg. It therefore comes as no surprise that sonography yields catastrophic results in a study of follow-up of patients with colorectal carcinomas carried out in Berlin [19].

It is apparent that quality of apparatus [2] [3] [20] [21] and especially the level of experience on the side of the examiner [16] [22] produce a different quality of results. Primarily, an improved standard of training is needed - the recently passed changes in training requirements for doctors of internal medicine, which have been applied in most parts of Germany, gives reason to fear a reduction in quality, however. Furthermore, we urgently require rules as to who may be qualified to examine which cases, using which kind of apparatus. It is self-evident that basic, result-oriented quality control and an adequate system of payment must be part of this scheme. Further scientific studies on every aspect of the quality of diagnostic ultrasound are needed to reach this goal.

Literatur

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  • 21 Wüstner M, Brüggemann A, Klinge B. Das ideale Sonolabor - Überlegungen zu Qualitätsstandards in der klinischen Sonographie.  Ultraschall in Med. 2004;  25 S72
  • 22 Frenz J P. Axillasonographie: In der präoperativen Routinediagnostik zeigen sich deutliche Leistungsunterschiede zwischen einzelnen Untersuchern!.  Ultraschall in Med. 2004;  25 S27

Priv. Doz. Dr. K. Seitz

Innere Abteilung, Kreiskrankenhaus Sigmaringen, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Tübingen

Hohenzollernstr. 40

72488 Sigmaringen

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