intensiv 2006; 14(3): 146-147
DOI: 10.1055/s-2006-926486
Literaturkommentar

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Transporte von Intensivpatienten: Sind sie ein Risikofaktor für beatmungsassoziierte Pneumonien?

Hardy-Thorsten Panknin
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Publication Date:
20 June 2006 (online)

In einer kürzlich publizierten Studie aus einem großen regionalen Lehrkrankenhaus in Orléans, Frankreich, wurde die Fragestellung untersucht, ob Transporte von beatmungspflichtigen Intensivpatienten im Krankenhaus das Risiko, eine beatmungsassoziierte Pneumonie auf der Intensivstation zu entwickeln, erhöhen. Zu diesem Zweck wurden zwischen dem 1.1.2001 und dem 31.12.2002 118 von insgesamt 228 beatmeten Patienten, die mindestens einmal transportiert worden waren, ­einer vergleichbaren Gruppe von 118 nicht transportierten Patienten gegenübergestellt, die aus einer Kohorte von 295 Patienten nach bestimmten Vergleichbarkeits-Kriterien ausgesucht wurden. Diese Kriterien waren: 1. Dauer der maschinellen Beatmung, ggfs. bis zum Auftreten einer Beatmungspneumonie, 2. Dauer der Antibiotikatherapie, 3. Indikation für die Beatmung, 3. Alter, 4. Überlebenswahrscheinlichkeit, 5. chirurgischer Eingriff bzw. 6. kein chirurgischer Eingriff. Die Patien­ten waren ausnahmslos orotracheal ­intubiert, nichtinvasiv beatmete Patien­ten wurden ausgeschlossen.

Die Ergebnisse der Studie sind in Tab. [1] und Abb. [1] dargestellt. Es zeigte sich, dass die Rate beatmungsassoziierter Pneumonien bei transportierten Patienten bei 26 % lag, während sie bei nicht transportierten Patienten lediglich 10 % betrug. Bei Durchführung einer logistischen Regressionsanalyse korrelierten 2 Faktoren unabhängig voneinander mit einer beatmungsassoziierten Pneumonie: Der Transport innerhalb des Krankenhauses (relatives Risiko 3,1; p = 0,004) und die Notwendigkeit für eine Reintubation (relatives Risiko ebenfalls 3,1; p = 0,003). Ein anderer Faktor, der das Risiko einer Beatmungspneumonie ebenfalls (um den Faktor 3,7) erhöhte, war eine enterale Ernährung. Der letztgenannte Befund verfehlte jedoch knapp die statistische Signifikanz. Die Letalität auf der Intensivstation war in der Gruppe der transportierten Patienten zwar ebenfalls erhöht (35 % im Vergleich zu 26 % in der Kontrollgruppe), dieser Unterschied war jedoch nicht signifikant.

Tab. 1 Risiko der Beatmungspneumonie in Abhängigkeit von verschiedenen Einflussfaktoren univariate Analyse multivariate Analysef1 relatives Risiko 95 % Vertrauensbereich p-Wert relatives Risiko 95 % Vertrauensbereich p-Wert Transport im Krankenhaus 3,4 1,7 - 6,7 0,002 2,9 1,4 - 5,7 0,003 Mortalitätsrisiko > 10 % 1,3 0,6 - 2,7 n. s. Verlegung von anderer Station 1,1 0,6 - 1,9 n. s. chronische Lungenerkrankung 1,1 0,5 - 2,3 n. s. Karzinom 1,4 0,6 - 3,2 n. s. Immunsuppression 2 0,9 - 4,5 0,09 2,2 0,7 - 4,4 n. s. Herzinsuffizienz 1,1 0,4 - 3 n. s. koronare Herzkrankheit 1,9 0,7 - 5,4 n. s. chronischer Alkoholabusus 1,1 0,6 - 2,2 n. s. Übergewicht 1,1 0,6 - 2,1 n. s. männliches Geschlecht 1,6 0,8 - 3,2 n. s. neurologische Erkrankung 1,4 0,5 - 3,4 n. s. Trauma 2,2 0,8 - 5,6 0,1 2,2 0,8 - 5,8 n. s. Notwendigkeit der Reintubation 1,8 1 - 3,2 0,07 1,9 1,1 - 3,7 0,05 enterale Ernährung 2 0,9 - 4,8 0,1 2,8 1 - 7,8 0,05 β-Laktam-Gruppe-A-Behandlung2 1,1 0,6 - 2 n. s. β-Laktam-Gruppe-B-Behandlung3 2,1 1,1 - 4,2 0,03 1,9 0,9 - 4 0,06 n. s., nicht signifikant. 1 Eine multivariate Analyse wurde durchgeführt, wenn der p-Wert bei univariater Analyse ≤ 0,1 betrug. 2 β-Laktam Gruppe A: Amoxicillin/Clavulansäure, Cefotaxim, Ceftriaxon. 3 β-Laktam Gruppe B: Ticarcillin/Clavulansäure, Tazobactam, Cefepim, Ceftazidim, Imipenem/cilastatin.

Abb. 1 Anteil der Patienten ohne Beatmungspneumonie im Zeitverlauf.

Literatur

  • 1 Bercault N. et al . Intrahospital transport of critically ill ventilated patients: a risk factor for ventilator-associated pneumonia - a matched cohort study.  Crit Care Med. 2005;  33 2471-2478

Hardy-Thorsten Panknin

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