Handchir Mikrochir Plast Chir 2006; 38(4): 224-232
DOI: 10.1055/s-2006-924420
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Histologische und immunhistochemische Untersuchungen bei Kapselkontraktur nach glatten Brustimplantaten[1]

Histological and Immunohistochemical Investigations with Capsular Contracture After Breast Augmentation with Smooth Silicone Gel ImplantsL. Prantl1 , S. Schreml1 , S. Fichtner-Feigl1 , N. Pöppl1 , C. Roll1 , M. Eisenmann-Klein1 , F. Hofstädter2
  • 1Klinik für Plastische Chirurgie, Universitätsklinikum Regensburg
  • 2Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Regensburg
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Publication History

Eingang des Manuskriptes: 8.2.2006

Angenommen: 16.6.2006

Publication Date:
21 September 2006 (online)

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Einleitung

Die Kapselkontraktur um Brustimplantate ist eine viel diskutierte und noch nicht geklärte Komplikation nach Brustaugmentation. In Abhängigkeit vom Ausprägungsgrad der Kapselfibrose können bei den Patientinnen ein Fremdkörpergefühl, Druck- und Spannungsgefühl bis hin zu starken Schmerzen auftreten. Die Kontraktur der Kapsel kann zu einer erheblichen Verformung der weiblichen Brust führen, sodass eine operative Korrektur erforderlich wird. Die Inzidenzangaben für die Kapselkontraktur schwanken in der Literatur von 4 % bis 74 % [[1], [3], [4], [7], [10]]. Die hohe Variabilität der angegebenen Kapselfibroseraten der verschiedenen Autoren hängt von vielen Faktoren ab. Eine objektive Beurteilung des Fibrosegrades ist schwierig. Häufig sind die Studien untereinander schwer vergleichbar. Die meisten Autoren orientieren sich an der klinischen Klassifikation nach Baker [[2], [3], [7], [8], [14], [24]]. Diese klinische Beurteilung ist in hohem Maße von der Erfahrung und Sensitivität des Untersuchers abhängig. Einzelne Studien einer objektiven Beurteilung stellen die Untersuchungen mit Ultraschall, Magnetresonanz, die Applanationstonometrie, die Impressionstonometrie und die Messung der Kompressibilität der Brust dar [[1]]. Auch diese Verfahren haben, ähnlich wie eine histologische Untersuchung der Implantatkapseln [[9], [17], [20], [28]], ihre Grenzen, da sie zum Teil untersucherabhängig sind. Einheitliche histologische Kriterien zur Klassifikation des Schweregrades der Kapselfibrose sind kaum beschrieben. Zumeist werden die Kapseldicke, der Kollagengehalt, die Fibroblasten- und Myofibroblastenanzahl, der Ausprägungsgrad der zellulären Entzündungsreaktion, der Gehalt an Silikonpartikeln, Verkalkungen und unter anderem eine synoviale Metaplasie beurteilt [[7], [9], [10], [28]]. Um die histologischen Proben vergleichen zu können, ist ein einheitliches Klassifikationssystem sinnvoll. Eine solche Klassifikation sollte möglichst einfach sein, eindeutige Zuordnungskriterien zur Festlegung des jeweiligen Schweregrades aufweisen, eine Beziehung zum klinischen Beschwerdebild herstellen und falls möglich den Pathomechanismus berücksichtigen. In der Literatur wird für die Kapselkontraktur unter anderem die von Wilflingseder und Mitarb. beschriebene histologische Klassifikation angegeben [[17], [27]]. Sie spiegelt die klinischen und morphologischen Veränderungen, die bei einer Kapselfibrose auftreten, in vier Schweregraden wider. Beim Typ I liegt eine sehr dünne und nicht kontrakte Kapsel vor, was den „Idealzustand“ darstellt. Eine Kapsel bildet sich um jeden in den menschlichen Körper eingebrachten Fremdkörper. Dies wird zum Beispiel auch bei Herzschrittmachern oder implantierten Medikamentenpumpen beobachtet. Eine Kapselkontraktur liegt vor, wenn sich die Kapsel durch überschießende Bindegewebsbildung verhärtet und zusammenzieht [[2], [13]]. Die Typ-II- und Typ-III-Kapselfibrosen unterscheiden sich durch die Ab- oder Anwesenheit von Fremdkörperriesenzellen in der mittleren und innersten implantatnahen Schicht. Beim Typ IV liegt nach Wilflingseder und Mitarb. [[27]] eine zelluläre Entzündungsreaktion mit Fremdkörpergranulomen und Neovaskularisation vor. Eine ähnliche Klassifikation stellt die von Duranti und Mitarb. [[5]] dar, die zur Klassifikation der Fremdkörperreaktion im Gewebe nach Injektion von Füllersubstanzen verwendet wird. Auch hier ist die Anzahl der Riesenzellen und Fremdkörpergranulome ein entscheidendes Klassifikationskriterium.

Ziel unserer Studie war es, die histologischen Veränderungen der Implantatkapseln bei glattwandigen Brustimplantaten der vierten Generation (Mentor®) zu untersuchen und die Anwendbarkeit der Klassifikation nach Wilflingseder und Mitarb. als eine der möglichen histologischen Klassifikationen zu prüfen (Tab. [1]). Die Zusammenhänge mit den klinischen Befunden wurden untersucht und die Korrelation der histologischen Klassifikation nach Wilflingseder und Mitarb. mit der klinischen Klassifikation nach Baker überprüft. Der Wissensstand über die entschlüsselten Pathomechanismen, die für eine vermehrte Kollagenablagerung verantwortlich sind, wurde dabei berücksichtigt [[6], [7], [8], [9], [15], [17], [18], [19], [23], [25]].

Tab. 1 Baker- und Wilfingseder-Grade Grad Baker-Kriterien Wilfingseder-Kriterien I Implantat nicht palpabel, Implantatkonturen nicht sichtbar dünne, nicht kontrakte Kapsel II Implantat leicht verhärtet, Implantatkonturen nicht sichtbar „konstriktive Fibrose“, keine Fremdkörperriesenzellen III Implantat eindeutig verhärtet, Implantatkonturen sichtbar „konstriktive Fibrose“, Fremdkörperriesenzellen vorhanden IV Implantat stark verhärtet, Implantatdislokation und Deformierung der Brust Entzündungszellen, Fremdkörpergranulome, Neo-Vaskularisation, Neurome möglich

1 Nach einem Vortrag anlässlich der gemeinsamen Jahrestagung der VDPC, VDÄPC und ÖGPÄRCH in München, 27. September bis 1. Oktober 2005

Literatur

1 Nach einem Vortrag anlässlich der gemeinsamen Jahrestagung der VDPC, VDÄPC und ÖGPÄRCH in München, 27. September bis 1. Oktober 2005

Dr. med. Lukas Prantl

Klinik für Plastische Chirurgie
Universitätsklinikum Regensburg

Franz-Josef-Strauß-Allee 11

93042 Regensburg

Email: lukas.prantl@klinik.uni-regensburg.de