Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2005; 2(1): 24-27
DOI: 10.1055/s-2005-951639
Schwerpunkt Nachsorge

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nachsorgeuntersuchungen bei Krebskranken: Gegenwärtiger Stand und Aufgaben

U.R. Kleeberg, K.P. Hellriegel
Further Information

Publication History

Publication Date:
12 September 2006 (online)

 

Nachsorge wird definiert als regelmäßige Routineuntersuchung beschwerdefreier Patienten, die wegen einer Tumorerkrankung in kurativer Intention behandelt wurden.

Nachsorge hat einen außerordentlich hohen Stellenwert für die Betroffenen und ihre Angehörigen. Dabei kann der Wunsch, durch eine engmaschige, mit persönlichem, technischem wie medizinischem Höchstaufwand durchgeführte Diagnostik die Lebenserwartung zu verbessern, nur bedingt erfüllt werden.

Es hat den Anschein, als ob der Aufwand der üblichen Nachsorgediagnostik umgekehrt proportional zum onkologischen Fachwissen steht. Dabei wird die kritische Bedeutung einer gesunden Lebensführung, Ernährung und körperlichen Aktivität von den Betroffenen wegen der damit verbundenen Belastungen leicht verdrängt und von der Ärzteschaft unterbewertet.

Hat die frühzeitige Aufdeckung einer Tumorprogression Konsequenzen bezüglich Heilungsrate und Überlebensdauer (z.B. bei den akuten Hämoblastosen, bestimmten malignen Lymphomen, Morbus Hodgkin, Sarkomen, Melanom, Hodentumoren usw.), muss die Nachsorge engmaschig, kompetent und von geschulter Hand erfolgen. Ist die systemische Metastasierung hingegen ein irreversibler Prozess, ist Zurückhaltung geboten! Und dies gilt unglücklicherweise für das Gros der Malignome. Für die überwiegende Zahl der Karzinome, die mit mehr als 80% die Krebsmortalitätsstatistik anführen, nämlich Bronchial-, Mamma-, Magen-Darm-Trakt- und Prostatakarzinome, ist das Ziel der Nachsorge in erster Linie die sorgsame psychosoziale Betreuung der Betroffenen, ggf. gemeinsam mit ihren Angehörigen.

An zweiter Stelle steht die Aufdeckung eines Lokalrezidivs oder Zweitmalignoms, das einer kurativen Intervention zugänglich ist. Beim Mammakarzinom wäre dies das intramammäre oder lokoregionäre Rezidiv nach brusterhaltender Therapie (BET), ein Zweitkarzinom in der ipsi- oder kontralateralen Brust und - mit wesentlich geringerer Inzidenz - ein kolorektales, ein Ovarial- und ein Endometriumkarzinom, u.U. unter einer Tamoxifentherapie. Es folgt die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Therapiefolgestörungen, dann die Qualitätssicherung der Primärtherapie. Erst zuletzt dient die Nachsorge der Aufdeckung einer Tumorprogredienz.

Was nützt es, wenn bei gesund wirkenden und sich so fühlenden Patienten eine klinisch stumme Metastasierung beobachtet wird, ohne dass das Erkennen einer frühen Metastasierung eines systemischen und inkurablen Leidens für den Kranken ohne nützliche therapeutischen Konsequenzen bleibt (10)?

Der vorzeitige Nachweis einer Fernmetastasierung beim beschwerdefreien Patienten verlängert die Leidenszeit, nicht die Lebenszeit (11)!