Pneumologie 2005; 59 - A15
DOI: 10.1055/s-2005-925499

Wirkung von Zigarettenrauchextrakt und Wasserstoffperoxid auf das Wachstumsverhalten menschlicher Lungenfibroblasten

S Uhlmann 1, A Kronseder 1, O Holz 2, L Welker 2, H Hessel 3, D Branscheid 2, H Magnussen 2, D Nowak 1, RA Jörres 1
  • 1Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin der LMU, München
  • 2Krankenhaus Großhansdorf, Großhansdorf
  • 3Institut für Pathologie der LMU, München.

Hintergrund: Oxidativer Stress kann in vitro einen Zellarrest analog einer replikativen Seneszenz induzieren. Dieses Phänomen ist für verschiedene Stimuli und Zelltypen, darunter etablierte Zelllinien, bekannt, doch liegen kaum Daten zu primären humanen Lungenfibroblasten vor. Da eine induzierte Seneszenz für die Entstehung und Progression eines Lungenemphysems mitverantwortlich sein könnte, untersuchten wir, ob Lungenfibroblasten in Kultur eine Veränderung ihres Wachstumsverhaltens nach temporärer Gabe von Zigarettenrauchextrakt (CSE) zeigen. Zum Vergleich dienten dauerhafte Expositionen sowie die Gabe von Wasserstoffperoxid (H2O2). Methode: Subkonfluente Kulturen von Fibroblasten wurden aus parenchymalen Gewebeproben von Lungenresektaten gewonnen und unterschiedlichen Dosen von H2O2 (10, 50, 100µM) oder wässrigem, unter standardisierten Bedingungen in Kulturmedium (DMEM) gewonnenem CSE (1, 2, 5%) ausgesetzt. Die Expositionen erfolgten entweder dauerhaft oder temporär für 2 Stunden (H2O2) bzw. 2 Tage (CSE). Vor Exposition sowie im Verlauf wurde die Zellzahl bis zum Erreichen eines Plateaus erfasst.

Ergebnisse: Sowohl 50 als auch 100µM H2O2 führten zu einem Arrest bei im Mittel 26 und 17% (p<0.05) der finalen Zellzahl Sham-exponierter Kontrollen, unabhängig davon, ob die Exposition zeitlich limitiert war oder nicht. Im Gegensatz dazu hatte die Konzentration von 10µM H2O2 einen nur schwachen oder keinen Effekt. Die dauerhafte Gabe von 1, 2 oder 5% CSE bewirkte eine Stagnation der Zellzahl bei im Mittel 77, 51 bzw. 35% der finalen Zellzahl (p=0.07, p<0.005, p<0.05; jeweils n=5). Die zeitlich begrenzte Exposition gegenüber 5% CSE führte zu einer Reduktion der finalen Zellzahl auf im Mittel 49% im Vergleich zur Kontrolle (p<0.0005; n=7). Hierbei war die Vitalität der Zellen nicht wesentlich beeinflusst, hingegen nahm der Anteil für SA-β-Galaktosidase positiver, seneszenter Zellen zu. Schlussfolgerungen: Analog der Wirkung von Wasserstoffperoxid kann die temporäre Exposition gegenüber Zigarettenrauchextrakt eine persistierende, nicht spontan reversible Reduktion der Proliferationsrate und Zellzahl bei primären parenchymalen Lungenfibroblasten des Menschen bewirken. Diese Beobachtung geht konform mit der Hypothese, dass eine zelluläre Umprogrammierung im Sinne einer induzierten Seneszenz an der Pathophysiologie des Lungenemphysems beteiligt ist.

Unterstützt von der Friedrich-Baur-Stiftung sowie GSK München