Suchttherapie 2005; 6 - A29
DOI: 10.1055/s-2005-923750

Chronisch Alkoholabhängige in einer speziellen stationären Suchtbehandlung (S4)

K Tannenberger 1
  • 1Ökumenisches Heinich Klinikum gGmbH, Mühlhausen

Seit dem 01.01.1998 arbeitet im ÖHK gGmbH Mühlhausen eine Spezialstation für chronisch mehrfach beeinträchtigte Alkoholabhängige (CMA) gemäß Stufe S4 der PsychPV. Die vorliegende Studie untersucht alle Patienten, die zwischen 1998 und 2000 auf ihr behandelt wurden, hinsichtlich ausgewählter Kriterien ihres physischen, psychischen und sozialen Zustandes sowohl zum Zeitpunkt der S4-Behandlung als auch zur Nachuntersuchung (nach 55 Monaten ± 20 Monaten). Dabei gelang es, katamnestisch einen Rücklauf von 85,4% (d.h. 210 von 246 Patienten) zu erreichen. Es handelt sich bei den Untersuchten überwiegend um Männer (Durchschnittsalter 47,2 Jahre). Sie erfüllen die Definition für CMA, d.h. sie sind durch ein langjähriges Konsumverhalten, das Vorliegen verschiedener (oft bereits dramatisch ausgeprägter) alkoholassoziierter Erkrankungen, häufigere Behandlungen und eine schwierige soziale Situation gekennzeichnet. Durch die mehrwöchige stationäre Behandlung (durchschnittlich 42 Tage) gelang es, ihren Gesundheitszustand und ihre soziale Situation signifikant zu verbessern. Hinsichtlich des langfristigen Verlaufes ergaben sich große Unterschiede, wobei insbesondere die Form der sozialen Integration von Einfluss war. In einer Clusteranalyse konnten drei Gruppen signifikant voneinander unterschieden werden. Besonders stark profitieren offensichtlich die kränkesten Patienten von der Behandlung – sie nehmen am ehesten professionelle Hilfe an. Erschreckend ist die hohe Mortalität der Untersuchten, etwa jeder Dritte verstarb während des Katamnesezeitraumes. Ein Zusammenhang zu irreversibler Leberfunktionsstörung und Polyneuropathie bestand dabei ebenso wie zu einem frühzeitigen Bedarf an professioneller Hilfe.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine S4-Behandlung für CMA, die bislang oft als therapieresistent galten, durchaus sinnvoll ist. Sie führt häufig zu deutlichen positiven Änderungen im Verlauf, insbesondere wenn es gelingt, eine bessere soziale Integration zu initiieren. Allerdings ist festzustellen, dass zumindest bei den hier untersuchten Patienten die Behandlung ab einem bestimmten Punkt der gesundheitlichen Schädigung keinen entscheidenden Einfluss mehr auf die ausgesprochen hohe Mortalitätsrate haben konnte.