Chronisch mehrfach beeinträchtigte Abhängige sind Patienten, deren chronischer Substanzkonsum
zu schweren bzw. fortschreitenden physischen und psychischen Schädigungen führt. Außerdem
ist bei dieser Patientengruppe eine überdurchschnittliche bzw. fortschreitende soziale
Desintegration deutlich.
In der S4-Gruppe auf der Therapiestation des Fachkrankenhaus Bernburg werden Alkohol-,
Medikamenten- und drogenabhängige Patienten behandelt, bei denen anhaltende psychiatrische,
neurologische und internistische Begleit- und Folgeerkrankungen vorliegen und bei
denen eine erhebliche Rückfallgefahr besteht.
Die Ziele in der Behandlung von chronisch mehrfach beeinträchtigten Abhängigen unterscheiden
sich teilweise von den Zielen anderer Suchtpatienten. Die Diagnostik und Therapie
sämtlicher Folge- und Begleiterkrankungen wird gewährleistet.
Aufgrund der schweren Folgeerkrankungen steht zunächst die Sicherung des Überlebens
und die Verhinderung weiterer Folgeschädigungen bzw. die Verschlechterung der Folgeerkrankungen
im Vordergrund. Während der Therapie wird für den Patienten eine suchtmittelfreie
Umgebung geschaffen, so dass erstmals oder zumindest seit längerer Zeit eine Abstinenzphase
oder suchtmittelfreie Periode aufrechterhalten werden kann. Des weiteren wird in den
Gruppengesprächen versucht, mit dem Patienten zu erarbeiten, dass der Verzicht auf
den Alkohol die gesündeste Lebensform für ihn darstellt und notwendig ist, um nicht
weiter unter den schwerwiegenden Folgen des Alkoholkonsums zu leiden. Um die Abstinenz
jedoch einhalten zu können, ist es wichtig dem Patienten die Notwendigkeit einer zufriedenen
und selbstgestalteten Lebensführung zu erklären.
Um diese Ziele umsetzen zu können, haben sich im Lauf der Zeit verschiedene Therapiebausteine
entwickelt. Im Mittelpunkt der Behandlung stehen die Gruppengespräche und das Beüben
der kognitiven Fähigkeiten. In den Gruppengesprächen werden verschiedene Themen bearbeitet,
die den Patienten zum einen Informationen und Zusammenhänge über ihre Abhängigkeit
vermitteln und die sie andererseits dazu befähigen sollen, dass sie eine zufriedene
Abstinenz aufrecht erhalten können. Dafür wird mit dem Patienten gemeinsam eine individuelle
Nachsorge geplant und es werden Strategien erarbeitet, um einen Rückfall verhindern
zu können.
Weitere Therapieelemente setzen sich aus dem Lebenspraktischen Training und der Vermittlung
sozialer und medizinischer Informationen zusammen. Außerdem gehen die Patienten zur
Ergotherapie und zur Physiotherapie.
Da der langanhaltende Alkoholkonsum bei chronisch mehrfach beeinträchtigten Abhängigen
zu schweren bzw. fortschreitenden physischen und psychischen Schädigungen geführt
und zusätzlich in den meisten Fällen eine überdurchschnittliche soziale Desintegration
nach sich gezogen hat, unterscheidet sich die Behandlung dieser Patientengruppe hinsichtlich
der Zielstellung und der therapeutischen Gestaltung teilweise von der Behandlung anderer
Suchtpatienten.
In dem Workshop werden die Therapieziele, die sich aufgrund der schwerwiegenden Folgeschädigungen
ergeben, erläutert und die daraus resultierenden Behandlungsbausteine vorgestellt,
die im Fachkrankenhaus Bernburg die Therapie der chronisch mehrfach beeinträchtigten
Abhängigen ausmacht. Dabei wird deutlich, dass sich eine Therapie auch bei schwerstabhängigen
Patienten lohnt und welche Erfolge erzielt werden können, wenn die Therapieelemente
eng mit der individuellen Planung der Nachsorge gekoppelt werden.