Notfall & Hausarztmedizin (Notfallmedizin) 2005; 31(9): 377
DOI: 10.1055/s-2005-921857
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Management rheumatischer Erkrankungen

Jürgen Braun
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Publication Date:
08 November 2005 (online)

Bei der Behandlung von rheumatischen Erkrankungen spielt der Hausarzt eine wichtige Rolle. Patienten, die über Gelenkschmerzen oder Rückenschmerzen klagen, werden in aller Regel zunächst den Hausarzt aufsuchen. Als zuständiger Facharzt für die Behandlung rheumatischer Erkrankungen sollte der Rheumatologe zu Rate gezogen werden, wenn persistierende Gelenkschmerzen, vor allem Gelenkschwellungen beziehungsweise Rückenschmerzen, die den Verdacht auf ein entzündliches Geschehen erwecken, für einen Zeitraum von mehreren Wochen vorliegen. Da rheumatische Beschwerden sehr häufig sind und der Hausarzt nicht jeden Patienten zum Rheumatologen überweisen kann, sind beim Vorliegen bestimmter Symptome Screening-Untersuchungen hilfreich.

Hierzu eignet sich bei Verdacht auf eine rheumatoide Arthritis der Rheumafaktor beziehungsweise neuerdings auch die CCP-Antikörper (gegen citrinullierte Peptide gerichtet), beim Verdacht auf eine Kollagenose sollten antinukläre Antikörper bestimmt werden und beim Verdacht auf entzündliche Rückenschmerzen im Rahmen einer Spondyloarthritis sollte HLA B 27 bestimmt werden. Besteht der Verdacht auf eine Gicht, interessiert vor allem der Harnsäureserumspiegel. Bei allen genannten Laborparametern ist es aber wichtig zu betonen, dass der Nachweis eines Laborwertes in keinem Fall eine sichere Diagnose stellen kann. Deshalb ist es bei positivem Nachweis vernünftig, zur weiteren Abklärung und Therapieplanung zum Rheumatologen zu überweisen.

Während es in früheren Zeiten als nicht so bedeutend galt, zu welchem Zeitpunkt die Überweisung erfolgte, haben sich in den letzten Jahren die Hinweise gemehrt, dass die frühzeitige Erkennung und Behandlung von entzündlich rheumatischen Erkrankungen von besonderer Bedeutung für den weiteren Verlauf und die Prognose dieser Erkrankungen sind. So haben mehrere Studien in den letzten Jahren gezeigt, dass sowohl die rechtzeitige als auch die intensive Behandlung mit stark entzündungshemmenden Medikamenten verschiedener Substanzklassen, die im Rahmen dieses Heftes vorgestellt werden, die Prognose aller wichtigen Therapieziele bei der rheumatoiden Arthritis und vielen anderen entzündlichen Erkrankungen günstig beeinflussen können. Die relevanten Endpunkte sind Schmerz, Krankheitsaktivität, Funktion, Behinderung und Strukturschäden, hierbei geht es um Knorpel- und Knochendestruktion, die durch Röntgen- und MRT-Verfahren abgebildet werden können.

Zur Zeit gibt es im Rahmen der medikamentösen Therapie der entzündlich rheumatischen Erkrankungen vier wesentliche Substanzklassen, die bei entsprechender Indikation allein oder in Kombination zur Behandlung eingesetzt werden können: 1. Nichtsteroidale Antiphlogistika, 2. Glukokortikoide, 3. Basistherapeutika (krankheitskontrollierende Medikamente und 4. die neue Substanzklasse der Biologika. Unter dieser Medikation gibt es insgesamt drei Hauptbereiche von nicht erwünschten Wirkungen: 1. nichtsteroidale Antiphlogistika verursachen nicht selten gastrointestinale Probleme bis hin zur Blutung, 2. vor allem die länger dauernde Behandlung mit Glukokortikoiden in höherer Dosis führt zur Minderung der Knochendichte und potentiell zu Frakturen, 3. bei der Behandlung mit Basistherapeutika und Biologika kommt es durch die Immunsuppression zu Infekten. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, Risikopatienten frühzeitig zu erkennen und unter Umständen schon präventiv zu behandeln.

Neben der medikamentösen Therapie ist die physiotherapeutische Komplexbehandlung für die meisten entzündlich rheumatischen Erkrankungen schon in der noch aktiven Phase von entscheidender Bedeutung. Auch bereits entstandene Strukturschäden, Funktionsminderungen und Behinderungen, sollten zusätzlich physiotherapeutisch und zum Teil rehabilitativ behandelt werden.

Das Ziel der rheumatologischen Beiträge ist es, auf die wesentlichen rheumatischen Erkrankungen und die damit verbundenen therapeutischen Probleme hinzuweisen.

Prof. Dr. med. Jürgen Braun

Herne

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