Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2006; 41(1): 37-41
DOI: 10.1055/s-2005-921225
Mini-Symposium
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Supportive Therapiemaßnahmen bei schwerer Sepsis

Supportive Treatment Measures in Severe SepsisA.  Sablotzki1 , M.  G.  Dehne2 , E.  Czeslick3
  • 1Klinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Schmerztherapie am Städt. Klinikum „St. Georg” Leipzig
  • 2Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am Verbundkrankenhaus Wittlich
  • 3Universitätsklinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
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Publication Date:
27 January 2006 (online)

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Differenzierte Katecholamin- und Volumentherapie

Patienten mit Sepsis sind nicht nur durch den infektiösen Prozess gefährdet. Die begleitende systemische Vasodilatation und erhöhte Kapillarpermeabilität führen zusammen mit regionalen Umverteilungen des Blutflusses zu einem intravaskulären Volumenmangel, der spezielle Anforderungen an die in der Sepsis wichtige Volumen- und Katecholamintherapie stellt [1]. Dazu ist zunächst ein invasives hämodynamisches Monitoring Voraussetzung, das mindestens die Messung der kardialen Füllungsdrücke, besser noch des Herzzeitvolumens und der peripheren und pulmonalen Widerstände gestattet [2]. Das Monitoring des intrathorakalen Blutvolumens kann in bestimmten Fällen - insbesondere bei schwerem „capillary leakage syndrome” - von Vorteil sein. Auch die zentralvenöse Sauerstoffsättigung (svO2) kann als Richtgröße herangezogen werden, anzustreben sind hierbei Zielwerte von über 70 % [3].

Vor dem Einsatz von Katecholaminen ist die Substitution von Volumen zwingend erforderlich. Nicht selten werden 4 - 6 L kristalliner oder 2 - 3 L kolloidaler Volumenersatz benötigt, um einen ausreichenden arteriellen Mitteldruck zu erreichen. Kann dadurch ein Mitteldruck von 60 - 65 mm Hg nicht aufrechterhalten werden, so ist die Gabe eines Vasopressors (Noradrenalin 0,2 - 1,5 µg/kg KG/min) indiziert [1]. Die Therapie sollte sich dabei an den hämodynamischen Richtgrößen (Cardiac Index, ZVD, PCWP), der Urinproduktion und der zentral- oder gemischt-venösen Sauerstoffsättigung orientieren. Bei eingeschränkter myokardialer Pumpfunktion wird die zusätzliche Gabe von Dobutamin als Katecholamin der Wahl zur Kontraktilitätssteigerung empfohlen [2].

Rivers und die „Early Goal-Directed Therapy Collaborative Group” haben in einer prospektiven, randomisierten Studie an 263 Patienten untersucht, ob eine frühzeitige zielgerichtete Standardtherapie das Auftreten von Multiorganinsuffizienz und die Mortalität beeinflussen kann (Therapie-Algorithmus, s. Abb. [1]). Sie propagieren bereits in der Frühphase des septischen Geschehens eine definierte Behandlungsstrategie, die eine zielorientierte („goal-directed”) Beeinflussung von kardialer Kontraktilität sowie Vor- und Nachlast beinhaltet. Zielgrößen der therapeutischen Interventionen waren zentral-venöse Sauerstoffsättigung (≥ 70 %), ZVD (8 - 12 mm Hg), Hämatokrit (> 30 %) und mittlerer arterieller Blutdruck (≥ 65 mm Hg) [3].

Abb. 1 Therapie-Algorithmus der „Early Goal Directed Therapy”, Schema mod. nach [3].

Die Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass die Mortalität der Patienten unter der zielgerichteten Therapie signifikant niedriger war als unter der Standardtherapie, dies gilt sowohl für die 28- wie auch die 60-Tage-Mortalität (siehe Tab. [1]) [3]. Die Reduktion der Mortalität resultierte dabei hauptsächlich aus der Tatsache, dass die nach den Richtlinien der zielgerichteten Therapie behandelten Patienten innerhalb der ersten 6 Behandlungsstunden signifikant mehr Volumen, mehr Erythrozytenkonzentrate und mehr positiv inotropen Support erhielten. Zusammenfassend belegen die Ergebnisse dieser Studie den hohen Stellenwert einer möglichst standardisierten und aggressiven Kreislauftherapie in der Frühphase der Sepsis.

Tab. 1 Ergebnisse der „Early Goal-Directed Therapy of Sepsis”, nach 3 Mortalität Standard-Therapie(n = 133) Early goal-directed Therapie(n = 130) p-Wert gesamt (In-Hospital) 59 (46,5 %) 38 (30,5 %) 0,009 28-Tage-Mortalität 61 (49,2 %) 40 (33,3 %) 0,01 60-Tage-Mortalität 70 (56,9 %) 50 (44,3 %) 0,03 rapides Herzversagen 25/119 (21 %) 12/117 (10,3 %) 0,02

Literatur

PD Dr. med. habil. Armin Sablotzki

Klinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Schmerztherapie · Städt. Klinikum „St. Georg” Leipzig

Delitzscher Straße 141 · 04129 Leipzig ·

Email: armin.sablotzki@sanktgeorg.de