Aktuelle Dermatologie 2006; 32(1/02): 38-43
DOI: 10.1055/s-2005-921135
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Lifestyle-Medizin und Wunschbehandlungen

Von modernen Wunderpillen und Operationssucht: Auf der Suche nach dem ewigen Jungbrunnen und ArcanumLifestyle Medicine and Treatment on DemandModern Wonder Pills and Polysurgical Addiction in Search of the Arcanum and the Fountain of YouthW.  Harth1
  • 1Klinik für Dermatologie und Phlebologie, Vivantes Klinikum Berlin, Friedrichshain; „Akademisches Lehrkrankenhaus der Charité - Universitätsmedizin Berlin” (Chefärztin: PD. Dr. med. B. Hermes)
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Publication Date:
14 February 2006 (online)

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Zusammenfassung

Die ärztliche Tätigkeit hat in den letzten Jahren eine deutliche Erweiterung der Möglichkeiten von Wunschbehandlungen im Bereich der Medizin erfahren. Besonders in der Dermatologie hat eine zunehmende Nachfrage und Inanspruchnahme von ärztlichen/medizinischen Dienstleistungen für Gesunde zu einem drastischen Wandel hin zur kosmetischen Dermatologie geführt. Einer immer breiteren Bevölkerungsschicht ist es aufgrund der verbesserten ökonomischen Situation möglich geworden diese medizinisch-ästhetischen Verfahren in Anspruch zu nehmen. Schönheitsoperationen und Lifestyle-Medikamente stehen dabei im Vordergrund von Angebot und Nachfrage. Begleitet wird der steigende Bedarf durch Werbemaßnahmen und immer wiederkehrende Berichte in den privaten Printmedien, Fernsehsendern und Internet. Dabei wechseln modebedingt ständig die Schönheitsideale und erzeugen somit eine neue Nachfrage. Neben dem ärztlichen Angebot besteht auch ein breites Angebot von nicht-ärztlich tätigen Leistungsanbietern und eine breite Subkultur von paramedizinischen Laienanwendungen. Der Bezug aller Lifestyle-Medikamente ist heute praktisch uneingeschränkt über das Internet möglich und ein Medikamentenmissbrauch ohne ärztliche Indikation kaum beherrschbar. Durch eine zunehmende Globalisierung sind weiterhin Operationen im Ausland keine Grenzen gesetzt.

Mögliche Risiken sowie Komplikationen der Verfahren werden dabei von den Konsumenten oftmals verdrängt oder Nebenwirkungen und Wechselwirkungen geleugnet. Subjektive Körperbildstörungen, Minderwertigkeitsgefühle und Soziophobien können im Vordergrund einer somatisierten Beschwerdesymptomatik stehen. Dahinterstehende psychische Störungen wie eine körperdysmorphe Störung oder eine Operationssucht bleiben oft unentdeckt, und sollten im gesamten Bereich der Wunschbehandlungen mehr Beachtung finden.

Abstract

Medical activity in recent years has experienced a marked expansion of possibilities for lifestyle medicine and treatment on demand. Especially in dermatology, an increasing demand for and use of doctor/medical services for healthy persons has led to a drastic change up to cosmetic dermatology. An ever broader segment of the population is in a position to make use of these medical-aesthetic procedures thanks to their improved economic situation. Cosmetic surgery and lifestyle medications are in the forefront of supply and demand. This increasing demand is awakened by advertising and repeated reports in private press, television shows and especially in the internet with constantly changing, fashion-dictated ideals of beauty. In addition, there is a broad subculture of paramedical lay applications. Today it is possible to buy all lifestyle medications, practically without limit, through the internet, and drug abuse without medical indication is almost impossible to control. Due to increasing globalisation, there is no limit to operations in foreign countries.

Possible risks and complications of the procedures are pushed aside and side effects and interactions denied. Subjective impairments in appearance, feelings of inferiority and sociophobias may be at the forefront of somatising complaint symptoms. The emotional disorders behind them, such as body dysmorphic disorder or polysurgical addiction often remain undiscovered and should find increased attention in the entire area of treatment on demand.

Literatur

PD. Dr. med. Wolfgang Harth

Stellvertretender Klinikdirektor · Leitender Oberarzt · Klinik für Dermatologie und Phlebologie

Vivantes Klinikum Berlin, Friedrichshain · Landsberger Allee 49 · 10249 Berlin ·

Email: wolfgang.harth@vivantes.de