Zentralbl Gynakol 2005; 127 - A7
DOI: 10.1055/s-2005-920967

Ausgewählte Fälle schwerer Endometriose – eine wirklich „gutartige“ Erkrankung?

M Ballon 1, P Lang 1
  • 1Abt. f. Gynäkologie u. Geburtshilfe, Krankenhaus der Barmherzogen Brüder Graz

Circa 10% aller Frauen im gebärfähigen Alter sind von dieser Erkrankung betroffen, wobei zu den häufigsten Beschwerden chronische Unterbauchschmerzen, Dysmenorrhoe, Dyspareunie und Sterilität zählen.

An unserer Abteilung wurden 3 Frauen mit unterschiedlicher Symptomatik vorstellig, deren Anamnese, Diagnostik und Therapieverlauf nachfolgend dargestellt sind.

Eine 35-jährige Unipara mit Flankenschmerzen links bei Hydronephrose aufgrund einer Ureterobstruktion infolge eines Tumors im kleinen Becken. Differentialdiagnostische Überlegungen waren ein Zervixkarzinom, wie auch eine Endometriose. Die durchgeführte Diagnostik zeigte einen Tumor parametran links mit Infiltration in die Zervix, der Rektumvorderwand, des Ureters und des Iliacal-internen-Gefäßnervenstranges links bei bereits stark eingeschränkter Nierenfunktion links. Zur weiteren Diagnosesicherung wurden transvaginale sure-cut-Biopsien wie auch eine operative Laparoskopie mit multiplen Biopsien parametran links durchgeführt, die Histologie ergab eine Endometriose.

Eine 37-jährige Nullipara mit bestehendem Kinderwunsch und Z. n. ovarieller Stimulation wird wegen Unterbauchschmerzen und Hämatochezie bei Verdacht auf ein Ovarialkarzinom mit Rektumeinbruch zugewiesen. Die Untersuchungen zeigen einen Tumor von der linken Adnexe ausgehend mit Obstruktion des Ureters, konsekutiver Hydronephrose und Infiltration des Colon Sigmoideum; der Tumormarker (Ca 125) betrug 1248 U/ml.

Multiple Biopsien im Rahmen der Colonoskopie ergaben eine Endometriose.

Eine 35-jährige Patientin kam mit persistierender Hämaturie und Unterbauchschmerzen; die abklärenden Untersuchungen zeigten einen Tumor am Blasenfundus, bereits die Mucosa durchbrechend; Biopsien im Rahmen einer Zystoskopie ergaben eine Endometriose, Kinderwunsch bestand nicht mehr.

Nach durchgeführter Diagnostik ergab sich die Fragestellung nach der optimalen Therapie; nachdem es nach wie vor keine eindeutigen Richtlinien zur Behandlung der Endometriose gibt, wurden folgende Überlegungen angestellt:

  • GnRH-Analogon Therapie längerfristig über 6–12 Monate?

  • ehestmögliche Operation mit Parametrektomie links nach Latzko, Hysterektomie, Ureterzystoneostomie, eventuelle Rektumresektion?

  • „neo adjuvante“ GnRH-Analogon –Therapie (3–6 Monate?) und anschließende Operation?

  • nur „symptomatische“ Operation im Sinne einer Ureterzystoneostomie mit / ohne nachfolgender konservativer Therapie?

  • Gestagentherapie?

  • GnRH-Antagonisten?

  • COX-2-Hemmer?

In unseren Fällen wurde die erste Patientin nach Legen eines Ureterstents konservativ mit einem GnRH-Analogon für 6 Monate weiterbehandelt, bei der Kontrolluntersuchung konnte der Ureterstent bei normalem Nierenbecken und Besserung der Nierenfunktion entfernt werden, musste jedoch nach 3 Wochen wieder gelegt werden, aufgrund einer neuerlichen ausgeprägten Hydronephrose links. Weiters erfolgte die Vorstellung an der Urologie zur eventuellen Ureterzystoneostomie – die Patientin entschied sich aber vorerst zur Observanz.

Die 2. Patientin wurde operiert im Sinne einer Adnexektomie links, einer Tumorresektion mit Hemicolektomie und Descendorektostomie, AE, Ureterolyse und Ureterschienung links. Postoperativ kam es zur Anastomoseninsuffizienz mit einer operativen Revision und Anlage eines Ileostomas, welches 2 Monate später rückoperiert werden konnte.

Bei der 3. Patientin wurde eine Hysterektomie mit Excision einer Scheidenmanschette sowie der Endometrioseherdexcision im Bereich der Harnblase sowie der Rektumvorderwand durchgeführt. Sie musste am 13. postoperativen Tag neuerlich wegen einer höhergradigen Hydronephrose links stationär aufgenommen werden. Ursache war eine Lymphocele iliacal commun links mit Kompression des Ureters; nach Punktion der Lymphocele zeigte sich ein Urinom links, welches konservativ behandelt wurde.

Zur Diskussion stehen andere Therapiemöglichkeiten bei den einzelnen Patientinnen, auch im Hinblick auf Risiko-Nutzen –Abwägung, bzw. Ziel der Therapie und mögliche Komplikationen.