Hintergrund: Die Inzidenz des akuten Herzinfarkts nimmt mit dem Alter zu. Gleichzeitig steigt
die Infarktsterblichkeit. In Berlin sind 26% aller Herzinfarktpatienten älter als
75 Jahre, während 53% aller Toten älter als 75 Jahre sind. Ist die Therapie der Infarktpatienten
im Alter den Behandlungsleitlinien und dem hohen Risiko angemessen? Methode: 1999–2003 wurden im Berliner Herzinfarktregister Daten von 5079 Patienten prospektiv
erfasst. 1319 Patienten waren älter als 75 Jahre. Ergebnisse: Die Krankenhaussterblichkeit in der Gesamtgruppe betrug 11,6%. Bei den über-75jährigen
Patienten lag sie mit 23,7% weit über der Sterblichkeit der jüngeren Patienten mit
7,3%. Grosse Unterschiede gab es in der initialen Therapie. Die Patienten >75 Jahre
erhielten nur zu 39,8% eine wiedereröffnende Therapie des verschlossenen Herzkranzgefäßes
(<=75J.: 71,7%) und nur zu 62,8% Beta-Blocker(<=75J.: 78,3%). Bei den ACE-Hemmern
gab es altersbedingt einen häufigeren Einsatz der ACE-Hemmer bei den älteren Patienten
(>75J.: 57,4%; <=75J.: 54,1%). In einer multivariaten Analyse wurden folgende unabhängige
Einflussfaktoren auf die Krankenhaussterblichkeit bei den Patienten >75 Jahre ermittelt:
Alter in Jahren (OR=1,06), manifeste Herzinsuffizienz (OR=2,38), prästationäre Reanimation
(OR=10,6) und kardiogener Schock (OR=2,73) bei Aufnahme, Aufnahme in ein Krankenhaus
mit >600 Betten (OR=0,64) und Prähospitalzeit >12h (OR=1,68), ST-Hebungsinfarkt im
initialen EKG (OR=2,09), Reperfusionstherapie (OR=0,64) und initiale Gabe von Beta-Blockern
(OR=0,47) und ACE-Hemmern (OR=0,49). Diskussion: Infarktpatienten >75 Jahre werden weniger nach Leitlinien behandelt als jüngere Patienten.
Sie erhalten seltener initial eine wiedereröffnende Therapie und Beta-Blocker. Diese
Unterversorgung könnte zur schlechteren Prognose der älteren Infarktpatienten beitragen.