Gesundheitswesen 2005; 67 - VF_V25
DOI: 10.1055/s-2005-920657

Einfluss des Internets auf die Gesundheitskommunikation

S Kirschning 1
  • 1Institut für Rehabilitationswissenschaften, HU Berlin

Hintergrund/Ziele und Forschungsfragen: Es ist bekannt, dass das Internet Gesundheitskommunikation auf verschiedenen Ebenen nachhaltig beeinflusst. Wozu jedoch Krebskranke und ihre Angehörigen das Internet nutzen und welche Auswirkungen die Informationsrecherche hat, darüber gibt es bisher kaum gesicherte Erkenntnisse. Entsprechend wenig weiß man darüber, inwieweit die krankheitsbezogene Internetnutzung die Patientensouveränität beeinflusst und folglich welche Auswirkungen sie auf die Arzt-Patient-Beziehung hat. Das laufende DFG-Projekt „Internetnutzung und Krebserkrankung“ widmet sich dieser Thematik. Material und Methoden: Die Daten zur Untersuchung wurden quantitativ erhoben. Für die drei Untersuchungsgruppen (Frauen mit Brustkrebs, Männer mit Prostatakrebs, Angehörige) wurde jeweils ein Online-Fragebogen entwickelt, der sechs Monate im Internet zugänglich war (Okt. 03-März 04). Die Studie bezieht sich auf 676 Probanden, davon waren 563 Betroffene und 113 Angehörige. Ergebnisse: Bei den Befragten ist eine hohe Bereitschaft erkennbar, sich intensiv mit der Erkrankung auseinander zu setzen und den Behandlungsprozess aktiv zu beeinflussen. Trotz Informationsflut und Unklarheit über die Bedeutsamkeit der Informationen wird die Internetnutzung überwiegend als hilfreich bewertet. Betroffene suchen im Internet nach medizinischen Themen und greifen dabei auf Experten- wie auch Erfahrungswissen zurück. Die krankheitsrelevanten Internetinformationen führen bei den wenigsten zum Arztwechsel. Die meisten PatientInnen sprechen gefundene Informationen in der ärztlichen Sprechstunde an. Schlussfolgerungen und Diskussion: Durch die Internetnutzung verändert sich das Verhältnis von Laien zu Experten: Das Vertrauensverhältnis der Arzt-Patient-Beziehung wird weniger von patriarchaler Fürsorge als vielmehr von offener Kommunikationsbereitschaft zu gemeinsamen Entscheidungsfindungen geprägt sein müssen. Das Internet ist ein Katalysator von Aushandlungsprozessen beim „shared decision making“.